DDR everywhere? Spuren der DDR im Ausland | Staffel 3 Folge 4

Shownotes

🎙 Die DDR und wir im DAAD – Folge 4

Staffel 3: Da wächst zusammen

DDR-Weihnachtslieder in Vietnam? Spuren ostdeutscher Vergangenheit im Ausland. Alexander Haridi und Marie Buchta vom DAAD erzählen, wie DAAD-Kolleginnen in Vietnam, Armenien und Kuba auf das Erbe der DDR stießen – und wie Begegnungen mit ehemaligen DDR-Stipendiatinnen und Stipendiaten Vertrauen und neue Beziehungen schufen.

📑 Hintergrund

Die DDR pflegte enge akademische Beziehungen zu Ländern der sozialistischen Staatengemeinschaft. Nach der Wiedervereinigung wurden diese Kontakte nicht abgebrochen, sondern vom DAAD fortgeführt und ausgebaut. Bis heute lassen sich Spuren der DDR in den akademischen Strukturen vieler Partnerländer finden – und häufig studieren die Kinder ehemaliger DDR-Stipendiatinnen und -Stipendiaten im wiedervereinigten Deutschland.

💬 Zeitzeugenberichte

„Ich war dann als Westler in Armenien schon so ein bisschen der Exot“, erinnert sich Silvia Schmid an ihre Zeit als DAAD-Lektorin ab 2015. Auch Christine Arndt wurde zunächst skeptisch beäugt, als sie 2005 nach Kuba ging. Ganz anders erlebte es Anke Stahl, die 2013 in Vietnam auf ein großes Vertrauen stieß – geprägt durch ihre Sozialisation in der DDR.

📌 Themen dieser Episode

• Wie das Erbe der DDR im akademischen Austausch bis heute nachwirkt • Ehemalige DDR-Stipendiatinnen und -Stipendiaten als Türöffner für Vertrauen • Geschichten von DAAD-Mitarbeitenden in Kuba, Armenien und Vietnam

🎧 Über das Projekt

Das Zeitzeugenprojekt „Die DDR und wir im DAAD“ dokumentiert über 90 Stunden Interviews mit ehemaligen und aktuellen Mitarbeitenden, DAAD-Alumnae/-Alumni und politischen Wegbegleitenden – emotional, kontrovers und informativ.

🖥️ Formate

Podcast 🎙 | Video-Serie 🎥 | Online-Archiv mit Zeitzeugeninterviews 📖

DAAD-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter haben das Projekt anlässlich des 100-jährigen DAAD-Jubiläums entwickelt und umgesetzt, unterstützt durch Studierende und Kommunikationsprofis aus Ost- und Westdeutschland.

🔗 Weitere Informationen:

🌐 Webseite: https://pageflow.daad.de/ddrundwir

🎥 YouTube: https://www.youtube.com/channel/UC-wnTIo38qxMCUa1VOR6Q

📧 Kontakt: ddrundwir@daad.de

Transkript anzeigen

00:00:00: Fragte der mich, jetzt möchte ich doch erst mal von Ihnen wissen,

00:00:03: Frau Stahl, kommen Sie aus Ost- oder aus Westdeutschland.

00:00:06: Das war 2013.

00:00:08: Da habe ich gesagt, ich komme ursprünglich aus der ehemaligen DDR.

00:00:12: Ich komme aus Halle.

00:00:14: Und da ging ein Lächeln über seinen Gesicht und gesagt,

00:00:18: mein Sohn studierte in Halle und er ist auch da geblieben.

00:00:22: Und irgendwie hatte ich das Gefühl,

00:00:25: dass das plötzlich dann wieder eine Rolle spielte in Vietnam,

00:00:29: wo man aus welchem Teil Deutschlands man kam.

00:00:33: Also man sagt, dass es etwa 30.000 in der DDR,

00:00:37: in der ehemaligen DDR ausgebildete Kubaner gab.

00:00:40: Wie viele genau davon jetzt Hochschulabsolventen waren,

00:00:43: wie viele Arbeiter, Arbeitskräfte oder Facharbeiter.

00:00:47: Das weiß ich nicht so genau, aber es sind jedenfalls Zichttausende.

00:00:51: Und man kam wirklich auf Schritt und Tritt schon auf der Straße.

00:00:56: Man musste gar nicht sich im Hochschulmilieu bewegen.

00:00:59: Da kam man mit Kubanern zusammen, die perfekt Sächsisch sprachen.

00:01:03: Also es war wirklich so lustig.

00:01:06: Die konnten wirklich Sächsisch sprechen, ohne Akzent.

00:01:09: Die DDR und wir im DAAD.

00:01:17: Eine Zeitzeugenbefragung.

00:01:21: Folge vier, DDR everywhere.

00:01:23: Jahrzehntelang hat die DDR große Gruppen von Studierenden

00:01:28: aus sozialistischen Bruderstaaten

00:01:30: an ostdeutschen Hochschulen ausgebildet.

00:01:33: Das hinterlässt Spuren ja sogar Fußstapfen.

00:01:37: In manchen Ländern sogar ganz schön große Fußstapfen,

00:01:40: in die der DAAD im widervereinigten Deutschland getreten ist.

00:01:47: Wir heute im Studio sind Alexander Redi und Marie Buchter vom DAAD.

00:01:53: Und das heutige Skript haben, erstellt Pierre Irmer und Sebastian Weiß.

00:01:58: Wir gehen in die Zeit nach der Wiedervereinigung.

00:02:02: Also in die Mitte der 90er Jahre.

00:02:05: Deutschland ist nun erweitert und vereint.

00:02:08: Und die Staaten Mittel- und Osteuropa

00:02:13: und auch viele ehemalige sozialistische Staaten

00:02:17: haben sich geöffnet.

00:02:18: Der DAAD ist, ich will nicht sagen, vorgerückt,

00:02:23: aber hat das Arbeitsfeld der DDR übernommen

00:02:27: und hat nun auch partnerschaftliche akademische Beziehung zu Ländern,

00:02:32: die ihm vorher völlig verschlossen waren

00:02:35: und die sozusagen das Privileg oder der Hinterhof der DDR gewesen waren.

00:02:40: Darüber wollen wir heute sprechen.

00:02:44: Und wir werden tatsächlich längere Berichte hören

00:02:48: von Kolleginnen und Kollegen, die in solchen Ländern gewesen sind

00:02:53: als Repräsentanten für den DAAD.

00:02:56: Und insofern ist diese Episode, hat ja einen etwas anderen Charakter.

00:03:01: Es wird also weniger diesen Interviewtouch geben,

00:03:06: sondern wir hören eher persönliche Länderberichte

00:03:10: aus ganz bestimmten Ländern.

00:03:13: Genau, denn diese ehemaligen Partnerländer der DDR

00:03:17: sind ja dann auch Partnerländer des DAAD geworden

00:03:19: nach der Wiedervereinigung.

00:03:21: Das heißt, dort wurden Lektorate,

00:03:23: der D-Lektorate eröffnet, Außenstellen oder Informationszentren.

00:03:28: Und wir haben uns jetzt mal exemplarisch drei Kolleginnen rausgegriffen

00:03:33: oder du hast die Interviewt, die auch heute noch im DAAD arbeiten

00:03:37: und Mitte der 90er bzw. auch noch zu späteren Zeitpunkten

00:03:42: in drei dieser Länder ausgereißen dort für den DAAD tätig waren.

00:03:47: Die Länder, die wir uns anschauen, das sind einmal Kuba,

00:03:50: Armenien und Vietnam.

00:03:53: Genau, und wir beginnen mit einer Kollegin Christine Arndt,

00:03:57: die 1995 ausgewählt wurde für das erste DAAD-Lektorat in Kuba.

00:04:04: In dieser ersten Runde stellen wir zunächst mal die persönlichen Motivation

00:04:08: vor, dieser Person tatsächlich ins Ausland zu gehen.

00:04:12: Und dann habe ich gesagt, Mensch, ich wollte doch immer DAAD-Lektorin werden.

00:04:17: Dafür hast du jahrelang während des Studiums DAAF unterrichtet,

00:04:20: im Ausland auch in Spanien war ich auch DAAF-Lehrerin.

00:04:23: Hast du das Studium absolviert etc.

00:04:25: Und dann habe ich gesagt, okay, back to the route.

00:04:29: Wenn du jetzt DAAD-Lektorin werden möchtest,

00:04:31: wohin würdest du am liebsten gehen?

00:04:33: Und da bin ich dann auf die Schnapsidee gekommen,

00:04:36: obwohl ich gar nicht wusste, ob es in Havana einen Lektorat gibt.

00:04:40: Wusste ich nicht.

00:04:41: Aber ich habe gesagt, am liebsten würde ich jetzt nach Kuba gehen.

00:04:43: Und das hat wiederum damit zu tun, dass ich die Zeit der Wende,

00:04:50: um die ich habe 1993 mein Ex haben gemacht hier in der Uni Bonn,

00:04:54: und in der Wendezeit war ich also sehr hautnah involviert

00:05:00: über meine Verwandtschaft in der DDR und über Freunde in Prag.

00:05:05: Und ja, ich habe die DDR-Hautner miterlebt

00:05:08: über meine Familiengeschichte und als dann die Wiedervereinigung passierte,

00:05:12: habe ich das natürlich auch anders.

00:05:14: Sehr viel emotionaler und freudiger wahrgenommen als sehr viele Westdeutsche,

00:05:19: die mit der DDR sogar zu DDR gar keinen Betrug hatten.

00:05:24: Und für unsere Familie war das schon ein sehr freudiges Ereignis.

00:05:27: Und ich habe aber auch diese ganzen Wirren

00:05:29: auch über die Freunde in Prag und über Reisen nach Russland,

00:05:33: private Reisenden, wo ich auch Leute kannte,

00:05:37: habe ich das einfach so in mir aufgesogen und fand diese Zeit auch so spannend,

00:05:42: wie dieser Systemwechsel sich voll zog und wie die Menschen darauf reagierten, etc.

00:05:48: Dass sie gesagt hat, wo findest du das nun in Lateinamerika?

00:05:51: So als Hispannistin wollte ich nach Lateinamerika.

00:05:54: Und kam deswegen natürlich auf Kuba, ohne dass ich vorher jemals in Kuba gewesen war.

00:05:59: Und wie das dann war, habe ich mich erkundigt im DRD.

00:06:04: Und es gab "Syldane Ausschreibung für ein DRD-Lektorat" in Havanna.

00:06:09: Also ich war die erste DRD-Lektorin,

00:06:12: die erste offizielle Westdeutsche DRD-Lektorin, dort dann ab 1995.

00:06:18: Du sagtest aber eben im Vorgespräch auch,

00:06:20: dass sie auch gerne jemanden aus Ostdeutschland gemacht haben.

00:06:23: Ja, das haben wir Leute vom Ministerium gesagt.

00:06:26: Wir haben über die DRD-Stipendienarbeit natürlich Kontakt

00:06:30: zu dem dort zuständigen Ministerium gehabt.

00:06:33: Und diese Ministerialvertreter haben nach einer Weile,

00:06:36: als sie dann schon Vertrauen zu mir gefunden hatten.

00:06:38: Das ging ja dann doch recht schnell.

00:06:40: Haben sie gesagt, dass sie ursprünglich dachten,

00:06:42: wie kann der DRD nur jemanden aus Westdeutschland schicken?

00:06:45: Die versteht uns doch gar nicht.

00:06:47: Und sind dann aber sehr schnell eines Besseren belehrt worden.

00:06:51: Das war einfach, am eigenen Leibe sozusagen mitzuerleben,

00:06:55: wie aus einer arg wohnen,

00:06:59: also letzten Endes ja politisch bedingter, historisch bedingter arg wohnen,

00:07:04: gegenüber Westdeutschland oder auch dem widervereinigsten Deutschland,

00:07:07: eine große Sympathie wurde.

00:07:10: Also es musste halt Vertrauen geschaffen werden.

00:07:13: Und man muss sich vorstellen, Westdeutschland war halt immer das Feindesland.

00:07:18: Und viele Kubaner haben ja auch, da kommen wir sich ja gleich noch drauf,

00:07:22: in der ehemaligen DDR studiert und waren entsprechend auch induktriniert,

00:07:26: dass die Bundesrepublik, also der Westen, der Klassenfeind sein.

00:07:31: Und die waren dann also, ja, es war wie eine große Erleichterung,

00:07:37: sowohl für die Kubaner als auch für die ostdeutschen Hochschulvertreter,

00:07:41: die dann mit Kuba wieder anfingen zu kooperieren über die DRD-Programme,

00:07:45: dass diese anfängliche Distanz und diese Archon schnell überwunden werden konnte.

00:07:54: Also schnell, mal fünf Jahre nach der Wende sind ja vergangen,

00:07:58: ohne dass man viel Berührung miteinander hatte.

00:08:00: Ja, das war Christine Ahndt und als nächstes hören wir Silvia Schmied auch.

00:08:04: Noch heutige Kollegin im DRD, die hatte schon eine Weile in der Zentrale gearbeitet,

00:08:10: wollte dann gerne für den DRD ins Ausland und ist 2015 an das Informationszentrum

00:08:18: nach Yerevan in Arminien gegangen, was aber eher eine zufällige Auswahl war.

00:08:22: Ja, aber gerade läuft die Nachausschreibung für Arminien,

00:08:25: du hast nur 14 Tage Zeit. Und sie war in Arminien für drei Jahre als EC-Leiterin.

00:08:32: Das heißt, sie konnte mir nicht nur sagen, dass diese Ausschreibung gerade läuft,

00:08:34: sondern sie konnte mir alle möglichen Fragen beantworten.

00:08:37: Wie kalt ist es da im Winter und so? Und wie ist es da an der Uni?

00:08:42: Das wusste sie ja natürlich alles. Und ihr hatt es so gut gefallen.

00:08:46: Sie hat sich da wohl gefühlt und hat mich dann ermutigt, mich dafür zu bewerben.

00:08:51: Und dann habe ich innerhalb von einer Woche eine Bewerbung geschrieben,

00:08:54: hat mir erst mal zwei Bücher über Arminien durchgelesen, um diese Bewerbung zu schreiben.

00:09:01: Hast du in Arminien bei deinen Gesprächspartnern ein Verständnis vorgefunden

00:09:09: für den Unterschied zwischen Ost- und Westdeutschland? Oder war das für sie eins?

00:09:15: Nee, nee, im Gegenteil, das ist denen natürlich vollkommen klar,

00:09:20: dass diese Erlebnisse, sage ich jetzt mal ganz neutral, was da alles passiert ist,

00:09:27: das sowjetisch-sozialistische System, dass das Leute, die das nicht miterlebt haben,

00:09:35: aus dem Westen eigentlich letztendlich gar nicht wirklich nachvollziehen können

00:09:38: und viele Dinge auch gar nicht verstehen können. Und das ist denen allen klar.

00:09:46: Mir ist es im Laufe der Jahre klar geworden, dadurch, dass ich dann auch eben die Geschichten gehört habe,

00:09:53: wie wir dann arminische Freunde auch erzählt haben, wie tief eben diese ganze

00:10:03: sozialistische Gesellschaftsform und Art und Weise, gerade auch im Bildungsbereich,

00:10:12: mit Dingen umzugehen, aber natürlich auch im alltäglichen Leben, wie sehr die das geprägt hat.

00:10:18: Und das heißt, du fängst dann auf einer ganz anderen Ebene an, dich zu verstehen,

00:10:25: wenn jemand aus der ehemaligen DDR kommt. Selbst wenn das Leute sind, die das vielleicht

00:10:29: gar nicht mehr so bewusst erlebt haben, aber die haben das ja durch Eltern groß, Eltern Erzählungen,

00:10:35: haben die das immer noch so mitgenommen. Und als Schwäbin kannst du das dann,

00:10:43: das ist eine ganz andere Sozialisation. Anke Stahl ist über ein Lektorat in den

00:10:49: DRD gekommen. Sie ist tatsächlich noch als DDR-Lektoren ausgereist, wurde dann in

00:10:54: ein DRD-Lektorat umgewandelt in Bratislava damals und später hat sie dann in der Zentrale angefangen

00:11:00: und 2013 ist sie Außenstellenleiterin in Vietnam geworden. Das hat auch eigentlich eine ganz

00:11:09: schöne Hintergrundgeschichte, denn die Außenstelle gab es ja erst zehn Jahre zu diesem Zeitpunkt.

00:11:17: Und ich bin mal dienstlich, glaube ich, in den Jahren, bevor die Außenstelle gegründet wurde,

00:11:29: 2002 bin ich zum ersten Mal dienstlich in Vietnam gewesen, im Rahmen eines regionalen

00:11:38: Alumnisseminars und stand dort am Hoan Kiemsee und habe gedacht, hier könnte ich leben, tolle

00:11:48: Stadt. Und dann hat es elf Jahre gedauert, bis irgendwie alles zusammenpasste, die Außenstelleitung

00:11:54: frei war, es mit den Kindern und Familie und Beurlaubung des Ehemannes und so weiter. Das ist

00:12:01: ja auch nicht immer so einfach, wenn man mit Familie ausreist, aber 2013 haben dann alle

00:12:07: Umstände glücklich zusammengespielt und ich konnte ein Traumjob antreten in Vietnam und das Schöne

00:12:16: daran war, das war nicht nur die Außenstelle für Vietnam, sondern es ist eine regionale

00:12:20: Außenstelle und umfasst auch die Länder Kampotscha, Laos und Myanmar. Ich kann mich erinnern,

00:12:29: ich habe meinen Antrittsbesuch in der ersten Woche im Ministerium gemacht, im Bildungsministerium,

00:12:35: im Hochschulministerium, dass jetzt sozusagen in dem Spiegel, in der Spiegelabteilung für die

00:12:39: Außenstelle und der, bevor wir da mit dem, mit dem Leiter der Abteilung in Medias Ries ging, fragte

00:12:49: der mich, jetzt möchte ich doch erst mal von Ihnen wissen, Frau Stahl, kommen Sie aus Ost

00:12:54: oder aus Westdeutschland? Das war 2013. Da habe ich gesagt, ich komme ursprünglich aus der ehemaligen

00:13:01: DDR, ich komme aus Halle und da ging ein Lächeln über seinen Gesicht und gesagt, mein Sohn studierte

00:13:08: in Halle und er ist auch da geblieben und irgendwie hatte ich das Gefühl, dass das plötzlich dann

00:13:16: wieder eine Rolle spielte in Vietnam, wo man aus welchem Teil Deutschlands man kam. Ja, das waren

00:13:23: jetzt drei Kolleginnen mit sehr verschiedenen Lebenswegen und die Herkunft aus West oder

00:13:29: Ostdeutschland spielt hier tatsächlich auch eine Rolle vor Ort, wenn es darum geht Vertrauen

00:13:36: aufzubauen und wir haben gesehen, dass Anke Stahl wegen ihrer ostdeutschen Herkunft weniger

00:13:44: skeptisch aufgenommen wurde. Teilweise hören wir, dass sogar Verwunderung gab, wie man Westdeutsche

00:13:51: schicken könne, die das System oder das Gastland ja gar nicht verstehen konnten. Also da gab es

00:13:57: auch in den Gastländern, glaube ich, Barrieren erstmal und Skepsis gegenüber dem anderen

00:14:04: Deutschland. Ja genau, denn alle drei Länder, das haben wir eingangs schon gehört, hatten eine

00:14:10: lange Tradition im Austausch mit der DDR und die drei Kolleginnen sind entsprechend dann dort auch auf

00:14:16: Strukturen gestoßen, haben sehr viele Alumni kennengelernt in den drei Ländern und da lassen

00:14:22: wir jetzt auch erstmal Christine Ahndt erzählen, was sie erlebt hat in Kuba. Also man sagt, dass es

00:14:28: etwa 30.000 in der DDR, in der ebenen DDR ausgebildete Kubaner gab, wie viele genau davon jetzt

00:14:36: Hochschulabsolventen waren, wie viele Arbeiter, Arbeitskräfte oder Facharbeiter, das weiß ich

00:14:42: nicht so genau, aber es sind jedenfalls Zichttausende und man kam wirklich auf Schritt und Tritt schon

00:14:49: auf der Straße. Man musste gar nicht sich im Hochschulmilieu bewegen. Da kam man also mit

00:14:54: Kubanern zusammen, die perfekt Sächsisch sprachen. Ja, also es war wirklich so lustig, die konnten

00:15:00: wirklich Sächsisch sprechen ohne Akzent und seien es nun ehemalige Facharbeiter gewesen oder

00:15:07: Hochschulabsolventen und das Schöne war, also im Hochschulmilieu habe ich unheimlich viele

00:15:12: getroffen. Wie gesagt, diesen Vizeminister, den ich gerade erwähnt habe, aber auch viele DDR-Alumni

00:15:18: in leitenden Positionen als Rektoren, Direktoren von Forschungsinstituten und ja, und die haben

00:15:27: natürlich sehr auch dazu beigetragen, dass wir uns mit Kuba annähern konnten. Die haben das

00:15:36: ihrerseits auch befördert. Die haben sogar deutsche Trinklieder gesungen, also was wir überhaupt

00:15:42: nicht mehr tun. Das ist ein Prosit, ein Prosit der Gemütlichkeit, das sage ich. Ich habe da

00:15:47: also lustige Sachen erlebt. Und zum Beispiel haben sie Skat spielen gelernt in Deutschland. Ja, und

00:15:54: jedes Mal, wenn dann Professoren aus Rostock oder von der Humboldt Uni kam, musste ich die mit denen

00:15:59: zusammenführen, damit sie endlich wieder Skat spielen konnten, weil sie das eben mit Kubanern

00:16:04: nicht konnten. Und also extrem wohl haben die sich gefühlt. Ich war sehr verblüfft, hatte ich vorhin

00:16:11: ja im Vorgespräch auch schon gesagt, weil ich auch in Westdeutschland, wo ich studiert habe,

00:16:17: anfangs in Münster, viel mit ausländischen Studierenden zusammengelebt habe, im Studentenwohnheim

00:16:24: und so weiter. Und viele fühlten sich doch relativ isoliert hier und interessanterweise aber das

00:16:32: überhaupt nicht die Erfahrung der Kubaner, die in der DDR studiert hatten. Die haben also ganz

00:16:36: offensichtlich gefeiert, getanzt. Sprachen auch super Deutsch. Das ist ja heutzutage auch anders,

00:16:43: da wird ja viel auf Englisch studiert. Also es gab schon ein gewisses Misstrauen und man wusste

00:16:48: nicht so recht, wie man sich verhalten sollte. Und in der Zeit, als ich da war, da haben wir

00:16:52: mit Hilfe des DRD natürlich und seiner Programme wahnsinnig viel an Annäherung geschaffen und haben

00:16:59: eben ja für vertrauensvolles Miteinander und für tatsächliche Kooperationen gesorgt. Und das

00:17:06: sozusagen mitzuerleben und auch mitzugestalten als DRD-Lektorin vor Ort, das war einfach eine

00:17:13: wahnsinnig tolle Erfahrung. Aber interessant vielleicht zum Thema Alumli ist auch, dass gerade,

00:17:20: weil es so viele Kubanerinnen und Kubaner gab, die den ehemaligen ostdeutschen oder

00:17:25: osteuropäischen Bruderstatten ausgebildet wurden, hatten die Kubaner zu der damaligen Zeit große

00:17:31: Sorge, wenn Botschaften oder auch wir als DRD-Lektorat zu diesen Menschen, zu diesen Alumnikontakt

00:17:40: aufnehmen wollten, weil es irgendwie im Verdacht stand, dass man sie politisch vereinen

00:17:46: haben wollte. Und man hat sie natürlich auch nicht ganz unberechster Weise. Die Geschichte war

00:17:53: halt so, wie sie war und hatten sie Sorge, dass man auch so ein Regime-Change über die Alumni

00:17:59: befördern wollte. Das war nun nicht das Ansinnen des DRD und wir haben das auch wirklich ziemlich

00:18:04: glaubwürdig vertreten können, weil wir wirklich immer nur uns auf fachliche Fragen, fachlichen

00:18:11: Austausch konzentriert haben. Die haben mir erzählt, wie das damals war und ich habe sehr viel

00:18:15: gelernt und konnte das auch sehr gut nutzen für das Überführen der Hochschulkoperation in die

00:18:22: damals dann neue Zeit, das ist wie der Vereinigten Deutschlands. Und die haben mir auch erzählt,

00:18:30: wie viel sie sich freuen. Dass der DRD da so konstruktiv eine so konstruktive Rolle spielt,

00:18:37: um diesen Bruch, den es ja letzten Endes für viele Ostdeutsche und auch für die die Kubaner

00:18:44: bedeutete, diesen Bruch irgendwo im Rahmen seiner Möglichkeiten zu kippen und da die Brücken zu

00:18:51: bauen. Und das sagt man ja auch dem DRD nach, dass wir diese Funktion haben, weil wenn man dann

00:18:56: vor Ort ist und unter so erschwerten Bedingungen von einem sich sagen mal fast feinselig gegenüberstehenden

00:19:04: zwischen zwei sich feinselig gegenüberstehenden Ländern oder zumindest mit Arquon, also zwei

00:19:11: feinselige Systeme vertreten, dann sich anzunehren und sich die Hand zu reichen und zu sagen,

00:19:19: wir konzentrieren uns auf das, was uns eint und nicht auf das, was uns trennt. Und wer uns aber

00:19:24: in der Zeit unglaublich geholfen hat, Türen geöffnet hat, war der damalige Vizeminister des

00:19:31: Hochschulministeriums zuständig für internationale Beziehungen, Prof. Dr. Jose Luis García Cuevas,

00:19:37: der seines Zeichens, auch mal Rektor war, an der Uni Santa Clara, aber seines Zeichens war ja auch

00:19:44: DDR Alumnus, der hat an der TU Dresden studiert in Elektroingenieurwesen und an der Uni Magdeburg,

00:19:56: Otto von Gerico Universität Magdeburg, hat er promoviert und der hat direkt nach dem Abitur,

00:20:01: dem Kubanischen, damals, also in jüngsten Jahren war er noch, weiß ich nicht, unter 18, hat er

00:20:08: angefangen in der DDR zu studieren oder 18 war vielleicht weiß ich nicht, aber jedenfalls diese

00:20:13: jungen prägenen Jahre haben natürlich auch Spuren hinterlassen und der war natürlich als

00:20:20: Vertreter des Ministeriums, ja, ein Repräsentant des Kubanischen Staates, ja, aber auf der anderen

00:20:26: Seite und auch anfangs wahrscheinlich skeptisch, aber auf der anderen Seite sehr bemüht, die

00:20:31: Beziehungen zum wiedervereinigten Deutschland aufzunehmen, nachdem er ja früher selbst so positive

00:20:38: Erfahrungen gemacht hat als Student und Doktorant an den Hochschulen in der DDR. Ja, das war

00:20:44: Christina Arndt, die hier offensichtlich sehr profitiert hat von der Vorarbeit der DDR und von

00:20:49: den intensiven Beziehungen, die die Kubaner zum östlichen Teil Deutschlands unterhalten haben.

00:20:56: Ermitteln wir ein Beispiel von Sylvia Schmie, die in Armenien war. Sylvia ist, wir wissen unsere

00:21:04: Kollegen bekennende Schwäbeln, also sie hat eindeutig eine Südwestdeutsche herkommt und war

00:21:11: zumindest mal nicht prädestiniert für Armenien, für dieses Land. Inzwischen ist sie eine Expertin,

00:21:20: für Armenien geworden, schreibt Bücher und kennt das Land, glaube ich, besonders gut, aber damals

00:21:29: war es für sie noch fremd, aber sie hatte sich entschieden, ja, ich gehe an das Informationszentrum

00:21:35: des DRDs nach Hieriban. Also bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion war es natürlich so, dass es

00:21:44: da sehr Regenaustausch gab, vor allem im Hinblick auch aufs Deutsch lernen und in der gesamten

00:21:51: Ehe mal leben, so wird Union.

00:21:53: sehr, sehr viel Deutsch gelernt und natürlich auch in Armenien. Und das betraf ja dann nicht nur,

00:22:00: dass die Orten, die Lehrkräfte, also Lehrerinnen, Dozentinnen in der Uni, sind auch fast nur Frauen,

00:22:09: dass sie dann zwischendurch mal in der ehemaligen DDR waren für Lehraufenthalte auch das Material,

00:22:14: was da kam. Mir hat zum Beispiel mal eine Ortskraft von der Botschaft erzählt, die perfekt Deutsch

00:22:22: sprach. Sie hat Deutsch sprechen gelernt durch eine Schallplatte und diese Schallplatte, die hat

00:22:30: ihr Vater irgendwo besorgt, als er mal in der DDR war und hat ihn mitgebracht und die hat sie sich

00:22:36: immer, immer wieder angehört und konnte dann diesen Akzent von dieser, bei das war natürlich

00:22:43: kein, kein starker Akzent, aber halt dieses, diesen charakteristische Art der Aussprache auf

00:22:50: dieser Schallplatte, hat sie dann perfekt gelernt. Also beispielsweise ein guter Freund von mir hat

00:22:56: mir auch gesagt, deswegen habe ich auch am Anfang gesagt, das war für die ja dann auch ein Zusammenbruch,

00:23:01: also wirklich auch eindeutig ein Wort mit einer negativen Konnotation, weil da für gerade in

00:23:10: diesen Sowjet-Republiken ja dann auch wirklich viel, viel zusammengebrochen ist, denn die waren ja

00:23:18: vorher Teil eines riesengroßen Landes und dann waren sie für sich allein und ganz viele Verbindungen

00:23:24: sind abgebrochen, also beispielsweise eben solche kulturellen Verbindungen wie in die DDR. Und das

00:23:37: heißt, im positiven Sinne haben sich dann schon viele als Teil einer größeren Familie gesehen,

00:23:45: also diese Indoktrination, dieses Sowjet-Gedanken, das hat ja auch teilweise funktioniert einerseits

00:23:53: und andererseits ist es ja auch so, dass das gerade im Südkaukasus ja auch anders war als

00:24:01: beispielsweise in der Ukraine oder in Belarus, wo die Leute ja dann, denen man ja dann quasi eine

00:24:08: eigene Identität eher aberkannt hat als im Südkaukasus, dass Georgia Georgisch sprechen, Georgisch

00:24:17: schreiben, dass Aminia Aminisch sprechen, Aminisch schreiben, ihre Trachten haben, ihre Lieder haben,

00:24:23: das war eher selbstverständlich, als das in anderen Sowjet-Republiken der Fall war. Das heißt,

00:24:33: sie hatten einerseits schon eine gewisse kulturelle Freiheit, die konnten ihre Sprachen sprechen,

00:24:38: beispielsweise und hatten aber gleichzeitig auch noch diese Verbindungen, die konnten also für

00:24:47: Leute mit Ambitionen in Moskau oder St. Petersburg zu studieren, das war ja dann im Bereich des

00:24:53: Möglichen und das war dann ja hinterher viel schwieriger auf einmal. Oder eben auch in der

00:25:00: DDR zu studieren, wenn man dann die Sprache konnte in Leipzig oder in Berlin, das war dann

00:25:05: hinterher auch viel schwieriger. Also für die sind dann sehr, sehr viele Möglichkeiten der

00:25:10: persönlichen Entfaltung weggebrochen und andere erstmal gar lange nicht gekommen.

00:25:16: Ja, das war Silvia Schmieds Bericht aus Armenien. Anders als Silvia Schmied und

00:25:23: Christina Arndt ist Anke Stahl, gelernte Ostdeutscher. Und dass das ein Kapital für sie,

00:25:33: für die persönlichen Beziehungen darstellen würde in Vietnam, sehen wir im nächsten Beispiel.

00:25:39: Genau. Und ja, bei Anke Stahl geht es vor allem auch nochmal um die vielen, vielen Alumni, DDR-Alumni,

00:25:48: muss man ja sagen. Das hat sie intensiv erlebt und du hast nicht nur Anke Stahl interviewt,

00:25:55: sondern auch ihren Nachfolger an der Außenstelle, Stefan Hase Bergen. Also Anke Stahl war 2013 bis

00:26:01: 17 in Hanoi und Stefan Hase Bergen dann nach ihr ab 2017. Und er hat eben auch noch an diese

00:26:07: Alumni Traditionen anknüpfen können und diese sehr aktiven Alumni nutzen können für die

00:26:14: DDR-Diaarbeit vor Ort. Vor allem auch eine ganz besondere Gruppe in Vietnam, die sogenannten

00:26:19: Moritzburger Alumni. Und wenn ich noch auf Vietnam gucke, die allerersten, also diese, was wir heute

00:26:26: Alumniarbeit nennen, das begann in den 50er Jahren schon. Da wurden nämlich Schulkinder,

00:26:33: kleine Kinder aus Vietnam mit dem Einverständnis natürlich der Eltern unterstützt, um in der

00:26:40: früheren DDR nämlich in Moritzburg und in Dresden zur Schule zu gehen. Und diese Gruppe, das sind

00:26:45: die sogenannten Moritzburger von denen wir reden. Das ist heute noch eine Gruppe. Ich habe mich mit

00:26:52: denen regelmäßig getroffen. Wie viele waren das in etwa? Über 300. Das sind natürlich Kaderkinder

00:26:59: gewesen. Man muss sich einfach vorstellen, Vietnam in den 50er Jahren bitterarm und für die war die

00:27:06: DDR in der damaligen Zeit. Das war eine heile Welt. Plötzlich mussten sie nicht mehr hungern. Sie

00:27:13: bekamen eine Ausbildung und sie mussten auch nicht um ihr Leben fürchten. Das waren so 11, 12,

00:27:19: 13-jährige Kinder, die dann nach Moritzburg gegangen sind. Und wenn man heute mit denen spricht,

00:27:23: das sind rührende Gespräche, das sind ja heute alte Leute, dann merken, was für eine Liebe zu

00:27:30: Deutschland, ich will dieses Wort wirklich auch betonen, was für eine Liebe zu Deutschland da ist,

00:27:33: was für ein positives Deutschlandbild die wird bringen. Und die sind so eine richtige Kerngruppe

00:27:38: und treffen sich auch noch regelmäßig. Also ich will mit denen, die gibt's in Hartzsche-Hutsch im

00:27:44: City und die gibt's in H9, hat mich regelmäßig mit denen getroffen. Weil das einfach nett ist,

00:27:52: weil man sie auch wertschätzen muss, weil sie auch viel für die Beziehung gemacht haben. Auf

00:27:55: unterschiedlichsten Gesprächen immer noch Deutsch. Und die sprechen ein wunderbares Deutsch. Die können

00:28:01: auch Lieder singen, die ich nicht kenne, Weihnachtslider, nämlich die DDR-Weihnachtslider. Ich

00:28:05: bin ein Wessi und als Wessi kannte diese Lieder überhaupt nicht. Und das erlebte man halt

00:28:11: vor allen Dingen in Vietnam auch heute noch. Das bildet sich da so ein bisschen ab, fand ich

00:28:17: außerordentlich eindrucksvoll. Aber das Verbindende waren immer die Alumni und ich habe immer wieder

00:28:23: gedacht, für den DAD zu arbeiten ist eine super dankbare Aufgabe. Denn wo auch immer du hinkommst

00:28:31: und gerade noch in der Funktion als Außenstellenleiterin, da schlägt eine so eine Dankbarkeit und

00:28:40: Verbundenheit entgegen, die findet man, also ich weiß nicht, wo man die sonst findet. Ich habe

00:28:48: oft gedacht, das ist so ein freutvoller und dankbarer Job, den man da hat. Und so eine

00:28:56: Verantwortung auch, die man dann bekleidet in so einer Funktion und so eine Idee bekommen,

00:29:03: was das bedeutet und welche Rolle man da auch spielt, für eine wichtige Rolle, für die vielen,

00:29:09: die in Deutschland gewesen sind und die dorthin wollen oder die an Kooperationen interessiert sind.

00:29:15: Der akademische Austausch ist weitaus mehr als Transfer von Wissen und Bildung. Es entstehen

00:29:24: Netzwerke und sehr enge, kulturelle und auch menschliche Bindungen, die sich aufbauen,

00:29:32: die Bestand haben und die sich sogar weiter, die sich fortpflanzen sozusagen, jedenfalls können

00:29:39: sie vererbt werden offensichtlich. Und wir hören jetzt Berichte über die Tradition in

00:29:46: Deutschland zu studieren, die von einer Generation auf die, ja von der Elterngeneration auf die

00:29:52: Kindergeneration übergegangen ist und manchmal sogar in der dritten Generation, auch in der

00:29:57: Enkelgeneration weiter gepflegt wird. Also ich glaube in Vietnam ist das Phänomen besonders

00:30:04: stark, es gibt Richtige. Ja, Deutschland, Studiendynastien und deren Kinder wiederum studieren

00:30:13: dann auch in Deutschland, die versuchen ihre Kinder nach Deutschland zu schicken. Das hat

00:30:18: also eine gewisse Tradition, die damit eingeführt worden ist und das alles verdanken wir diesen

00:30:23: Alumni. Und relativ schnell ist dann auch die Idee zu so einem Buchprojekt entstanden,

00:30:28: studieren in Deutschland eine Familientradition, weil ich gemerkt habe, dass die zweite und

00:30:33: dritte Generation davon auch irgendwie angesteckt ist und dass Deutschland sozusagen als Studien- und

00:30:43: Wissenschaftsstandort gewissermaßen weiter vererbt wird. Und das fand ich total faszinierend.

00:30:49: Und da sind wir auch dann gemeinsam mit Kolleginnen und einer Fotografin dieser Sache auf den Grund

00:30:56: gegangen und haben dann auch viele Familien interviewt und haben sozusagen mal recherchiert,

00:31:03: was aus denen geworden ist und wie sich diese Tradition lebendig hält. Aber es gibt auch so

00:31:09: schöne Beispiele, wie die Alumni aus Kuba dann letzten Endes auch ihre Kinder dazu bewogen haben,

00:31:19: auch unter den aktuellen Verhältnissen sozusagen mit Deutschland zu kooperieren. Ja,

00:31:25: die haben also diese Liebe zu Deutschland sowohl in die Hochschulpolitik reingetragen,

00:31:32: was uns dann geholfen hat, auch gute Beziehungen anzuknüpfen, aber haben das auch an ihre

00:31:36: nachfolgende Generation weitergegeben, und zwar sowohl an ihre Studierenden, wenn sie Professorin,

00:31:42: Professorin waren, als auch an ihre eigenen Kinder. Und da gibt es ein wirklich tolles Beispiel von

00:31:48: einem Professor, der eben in der E-Meng DDR studiert hat und promoviert hat und dessen Sohn. Dann

00:31:57: Stipendiat, also der Wunderde-Sprachkurs Stipendium, nur etwas Kleines, dann war Humboldt Jana, also

00:32:04: Alexander von Humboldt Stipendiat und ist aktuell der Leiter eines vom DRD geförderten

00:32:11: globalen Zentrums für Gesundheit und Pandemievorsorge. Diese, ja, dieses relativ neue Programm,

00:32:18: das aus AR-Mitteln finanziert wird, globale Zentren. Und da gibt es eines, das nennt sich

00:32:23: Glacier auf Spanisch, für Gesundheit und Pandemievorsorge. Und da sind Mexikaner,

00:32:32: Cubana und Deutsch, also Charité Berlin ist da mit im Lied und die Uni Halle Wittenberg unter

00:32:41: anderem, auch Unigisen und IPB, also das Leitnitz-Institut für Pflanzenbioschämie aus Halle. Also

00:32:50: verschiedene Akteure sind dabei und die Unam in Mexiko. Aber Kuba ist also auf jeden Fall KOSITS

00:32:56: und der Leiter des kubanischen Sitzes dieses globalen Zentrums ist eben der Sohn von besagtem

00:33:02: Rosy Luis Garcia Cuevas, von dem ich vorhin sprach, der also in Magdeburg promovierte und

00:33:09: an der Theorie studierte. Also wirklich, man greift das so heraus, ja, und das ist natürlich ein

00:33:14: besonders schönes Beispiel, wie diese Tradition sozusagen auch fortgesetzt wurde.

00:33:19: Um es im Bild zu sagen, die Netzwerke schaffen einen Humus, auf den Neues wachsen kann oder wenn

00:33:28: wir einen fremdwort einführen wollen, dann wäre das vielleicht als transgenerationale

00:33:35: Bildungskooperation oder so zu bezeichnen. Und wir sehen, wie aus bilateralen, aus mehreren

00:33:42: bilateralen Bindungen dann auch multilaterale Projekte entstehen, die als roten Faden oder

00:33:49: gemeinsamen Nenner diese Deutschland-Erfahrung haben können. Also Austausch und Kooperation

00:33:56: kann sehr viel bewirken, das sehen wir schön an diesen Beispielen, kann viel bewirken, aber auch

00:34:05: nur dann, wenn er sehr intensiv betrieben worden ist. Was sind denn so die Erfolgskriterien für

00:34:13: diese Art von produktiven Austausch? Ja, ich finde, was hier ganz gut rauskommt in diesen

00:34:21: Geschichten ist, wie intensiv diese Förderung der DDR auch war. Das waren ja oft Vollstudienstipendien,

00:34:29: die Alumni waren fürs ganze Studium in der DDR zumeist. Also das ist vielleicht schon noch mal

00:34:35: ein Unterschied auch zu heutigen DRD-Förderung, würde ich sagen, je nachdem, was für Programme

00:34:41: das sind. Aber ich glaube, du hast das Humus genannt, das war schon eine sehr fundierte Basis und

00:34:49: nur so war das wahrscheinlich möglich, dass heute noch so viele diesen Deutschland-Bezug haben und

00:34:54: auch so einen langfristigen Bezug noch haben. Und dann war es ja auch damals so, dass man auf

00:34:58: Deutsch studiert hatte und sehr intensiv vorbereitet worden ist, also fast ein Jahr Vorlauf für den

00:35:04: Spracherwerb. Und das in einer Lebensphase, die auch früher war als in der heutigen DDRD-Langzeit-Förderung

00:35:14: jedenfalls wäre, wo wir ja den Fokus auf Promoventen legen oder vielleicht auf Masterstudierende. Aber

00:35:19: hier haben wir es mit grundständigen Studierenden zu tun, die im Alter von 18, 19 oder so in die DDR

00:35:26: kommen und dieser ganz wichtigen formativen Phase ihres Lebens, die an einer DDR-Hochschule und

00:35:34: eine DDR-Gesellschaft verbracht haben, fünf plus eins Jahre und das hinterlässt ganz tiefe Bindungen

00:35:41: und Spuren. Ja, genau. Und man sieht wirklich, dass die DDR in den Ländern, mit denen sie kooperiert

00:35:47: hat, wirklich sehr massiv investiert hat, kann man sagen, in Ausbildung und Bindung. Dazu hören

00:35:54: wir jetzt auch nochmal Beispiele aus allen drei Ländern. Wir als DRD konnten diesen Förderumfang

00:35:59: nicht gewährleisten, denn damals die DDR gegenüber Proberleistete oder auch bestimmt gegenüber

00:36:05: Vietnam und anderen sozialistischen Podestellen. Es ist halt natürlich auch so, dass die DDR nur

00:36:12: wenige Partnerländer hatte und deswegen konnte sie ihre ganze Kraft sozusagen, die internationalen

00:36:18: Kooperation auch auf diese wenigen Länder konzentrieren. Also was man schon heute immer noch merkt, ist

00:36:26: dass es sehr generell nicht so einfach ist für die Länder der ehemaligen Sowjetunion überhaupt

00:36:34: Kontakte aufzubauen zu etablieren, zu Hochschulen in Deutschland und wenn sie es dann schaffen,

00:36:40: dann eher zu Hochschulen aus den neuen Bundesländern. Da besteht schon eine größere Affinität und

00:36:51: auf der Seite der Hochschulen auch ein größeres Wissen darüber, was man dann in Armenien findet.

00:36:57: Also beispielsweise Mathematik. Also es gibt in Armenien sehr viele, sehr gute Mathematiker

00:37:03: angefangen bei den Studierenden über die Lehrkräfte und die Professoren und beispielsweise kann ich

00:37:11: mich erinnern, dass wir immer mal wieder ältere Professoren hatten, die dann, ich weiß gar nicht,

00:37:20: wo das war, eine Rostock oder so. Also es war ein Mecklenburg-Vorpommern. Die hatten einen

00:37:26: regelmäßigen Austausch und irgendwann habe ich da mal ein bisschen genauer nachgefragt, was machen

00:37:31: die eigentlich die ganze Zeit und dann hat mir der Professor der Universität, der Deutschen

00:37:36: Universität erklärt, ja, das sind absolute Fachkräfte, die haben sie an der eigenen Uni nicht

00:37:42: und es ist auch egal, ob der jetzt englisch, russisch oder was auch immer spricht, die stehen ja

00:37:47: dann sowieso zusammen an der Tafel und unterhalten sich über mathematische Formeln. Aber das ist

00:37:54: natürlich etwas, was dann an westlichen Universitäten nicht vorhanden ist, dieses Wissen über

00:38:01: diese Expertise in Mathematik, Physik, Naturwissenschaften. Anderes Beispiel ist das DESI. Das DESI gibt es ja

00:38:11: in Hamburg, aber es gibt auch eine Außenstelle, das ehemalige DDR-Forschungsinstitut. Die sind in

00:38:19: der Nähe von Berlin, glaube ich. Und das heißt, diese DESI Außenstelle, die hat schon seit Jahrzehnten

00:38:28: mit russischen und armenischen Physikern zusammen gearbeitet und die haben das irgendwann mal

00:38:33: den Kollegen in Hamburg erzählt. Und dann sind dann auch die Hamburger Kollegen gekommen und haben

00:38:38: dann mit den armenischen Physikern und Astronomen zusammen geforscht. Und das kommt aber immer

00:38:45: noch aus dieser DDR-Tradition. Ich fand es wirklich beeindruckend vieles, was Kuba heute

00:38:51: wissenschaftlich darstellt, auch im Bereich Biotechnologie, wo sie ja sehr bekannt für sind,

00:38:59: dass sie da besondere Qualität haben. Das hat auch unter anderem damit zu tun, dass sie so

00:39:04: hervorragend ausgebildet wurden in der DDR, aber natürlich auch in den anderen Ländern des

00:39:10: ehemaligen Ostblocks. Und dann sind wir außerhalb der Alumniarbeit. Wenn wir zum Beispiel sehen,

00:39:15: dass der heutige stellvertretende Bildungsminister und frühere Präsident einer der führenden

00:39:21: vietnamesischen Hochschulen der Hanau University of Science and Technology 10 Jahre lang in Dresden

00:39:26: ausgebildet worden ist, hat seine Promotion auch eingereicht hat, erfolgreich verteidigt hat,

00:39:32: aber auch an vielen anderen, der frühere stellvertretende Premierminister in Jahren

00:39:38: aus Ho Chi Minh City war in Magdeburg. Das sind Leute, die nicht nur akademischen,

00:39:45: auch die Beziehung auf anderen Ebenen sehr stark prägen. Eine der bedeutendsten Privatuniversitäten

00:39:52: neu gegründet, Divinity University, wird geleitet von einer DAD Alunna, die ebenfalls auch die

00:39:58: Wendezeit direkt miterlebt hat. Das ist ein Potenzial, was wir heute haben. Und die DDR hat in hohem

00:40:06: Maße, bleiben wir mal bei der Ausbildung erstmal, diese Leute gefördert, in die DDR geholt und war

00:40:18: zuständig für diese Länder in deren Entwicklungszusammenarbeit. Es war eher so Entwicklungshilfe,

00:40:22: da das hat man ja auch nicht umsonst gemacht. Also in Vietnam wurde zum Beispiel, sollte

00:40:33: ja der künftige Kaffeeproduzent die DDR werden, das sind ja die ganzen Kaffeeplanthagen da angepflanzt

00:40:41: worden. Es brach natürlich dann leider die DDR zusammen, bevor man die Ernte einfahren konnte.

00:40:45: Aber dadurch ist Vietnam ja zum zweitgrößten Kaffeeproduzenten der Welt geworden. Da wurde

00:40:54: die Sorte robuster angepflanzt und wenn man da mal war, dann weiß man, also das war Teil sozusagen

00:41:01: der Entwicklungshilfe der DDR, also Wissen gegen Naturalien oder umgekehrt. Aber was aufgefallen

00:41:09: ist, die akademischen Beziehungen, die wir heute mit diesen Ländern haben, beruhen zu einem großen

00:41:15: Teil auf den Alumni, die in der früheren DDR waren. Das ist also ein Wert von der Schatz,

00:41:21: den wir haben und da müssen wir auch mal anerkennen, dass die DDR da etwas ganz Positives für die

00:41:27: deutsch- vietnamesischen Beziehung oder die deutsch-lautischen Beziehungen geleistet hat. Und das

00:41:32: zieht sich auch hin bis in hohe Positionen. Also das sind Situationen, die ich erleben durfte in

00:41:39: Gesprächen, die mich tief berührt haben und die mir beigebracht haben, wo ich gelernt habe,

00:41:45: da gibt es ein Erbe, was die DDR zugrunde gelegt hat, was sehr positiv ist. Und von dem wir

00:41:56: heute unter anderem in den akademischen Beziehungen profitieren. Ja, das ist wirklich ganz eindrücklich,

00:42:02: finde ich, dass auch Stefan Hase Bergen, der ja 2023 erst zurückgekommen ist aus Hanoi,

00:42:07: das auch noch so eindrücklich erlebt hat. Das Erbe der DDR nennt er das. Und dass das eben über den

00:42:15: Hochschulbereich auch weit hinaus ging. Wir haben es gehört, es gab Entwicklungszusammenarbeit,

00:42:19: es gab wirtschaftliche Zusammenarbeit. Aber der Hochschulbereich ist natürlich das, was für

00:42:22: uns als DRD am sichtbarsten war und wo wir auch anknüpfen bis heute. Und insofern werden wir uns

00:42:28: zurückerinnern an 1989/90 und die Entscheidung eben die Verpflichtung der DDR gegenüber den

00:42:39: Partnerländern zu übernehmen und die Studierenden in der DDR in die DRD-Förderung zu übernehmen.

00:42:47: Das war wohl eine weitsichtige Entscheidung und eine Investition in Menschen, die sich auch

00:42:56: für Deutschland ausgezahlt hat und sich immer noch auszahlt. Brüche wurden vermieden,

00:43:02: Kontinuität war möglich und wenn auch die DDR vielleicht die Kaffeebohnen nicht mehr ernten

00:43:08: konnte, das vereinte Deutschland kann sie heute genießen und mit ihrem Partnerland Vietnam damit

00:43:14: Handel treiben. Ja, mit diesem sehr schönen Fazit und mit diesem Bild möchte ich die heutige

00:43:23: Episode auch beenden. Danke, dass du im Studio warst, Marie. Sehr gerne. Und wir bedanken uns

00:43:29: bei den Zuhörenden und Zuschauern für das Interesse. Tschüss.

00:43:38: Die DDR und wir im DAAD. Ein Podcast des DAAD.

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