Nicht alles Kommunisten. Der DAAD übernimt die Stipendiatinnen und Stipendiaten der DDR | Staffel 2 Folge 4

Shownotes

🎙 Die DDR und wir im DAAD – Folge 4

Staffel 2: Austausch im Wandel

Wie meisterte der DAAD die Herausforderungen im Umbruch nach der Wiedervereinigung – mit der plötzlichen Verantwortung für tausende ausländische Stipendiatinnen und Stipendiaten? Alexander Haridi (DAAD) und Geschichtsstudentin Laura Kuzaj sprechen über die kurze, aber dramatische Zeit im Jahr 1990, als unklar war, wie nach der Wiedervereinigung mit den etwa 7.500 ausländischen Stipendiatinnen und Stipendiaten in der DDR verfahren werden sollte. Der DAAD musste viel Geld, neue Strukturen und qualifiziertes Personal aufbringen, um die Weiterförderung dieser Studierenden zu ermöglichen.

🌍 Spannende Einblicke

• Plötzliche Verantwortung für tausende ausländische Stipendiatinnen und Stipendiaten • Politische und organisatorische Herausforderungen für den DAAD • Erfahrungen von Mitarbeitenden des DDR-Ministeriums für Bildung und Wissenschaft

💬 Der damalige DAAD-Präsident Prof. Theodor Berchem erinnert sich an eine Vorstandssitzung in Bonn. Ein Satz, der damals gefallen ist: „Wir werden doch nicht die Kommunisten da unterhalten“ – ein Beispiel für die Skepsis, die der Weiterförderung der Studierenden entgegenstand.

📌 Themen dieser Episode

• Unterstützung und Förderung ausländischer Studierender in der DDR nach der Wiedervereinigung • Herausforderungen für den DAAD im Jahr 1990 • Auswirkungen auf DDR-Mitarbeitende

🎧 Über das Projekt

Das Zeitzeugenprojekt „Die DDR und wir im DAAD“ dokumentiert über 90 Stunden Interviews mit ehemaligen und aktuellen Mitarbeitenden, DAAD-Alumnae/-Alumni und politischen Wegbegleitenden – emotional, kontrovers und informativ.

🖥️ Formate

Podcast 🎙 | Video-Serie 🎥 | Online-Archiv mit Zeitzeugeninterviews 📖

DAAD-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter haben das Projekt anlässlich des 100-jährigen DAAD-Jubiläums entwickelt und umgesetzt, unterstützt durch Studierende und Kommunikationsprofis aus Ost- und Westdeutschland.

🔗 Weitere Informationen:

🌐 Webseite: http://www.daad.de/ddrundwir

🎥 YouTube: https://www.youtube.com/channel/UC-wnTIo38qxMCUa1VOR6Q

📧 Kontakt: ddrundwir@daad.de

Weiteres Material zur Folge:

Wegener, Heinz: Förderung der Hochschulintegration in- und ausländischer Betreuungstipendiaten der DDR im Vereinigungsprozeß Deutschlands 1986-1996. Die DAAD-Arbeitsstelle Berlin-Mitte, DAAD Bonn, 1999 https://static.daad.de/media/daadde/pdfsnichtbarrierefrei/der-daad/wer-wir-sind/buchwegener.pdf

Transkript anzeigen

00:00:00: Und da hieß es plötzlich, wir brauchen elf Millionen mehr, und wir waren im Vorstand des DRD und debattierten da in der Runde.

00:00:26: Und dann sagte einer, wir werden doch nicht die Kommunisten da unterhalten.

00:00:35: Ja, und dann habe ich dem Herrn...

00:00:38: Können Sie sich einen fair das machen?

00:00:40: Ja, kann ich.

00:00:42: Und das waren gefahren und dann sahen sie mal her so und so.

00:00:47: Die jungen Leute, die da gekommen sind, die sind doch nicht in den Ende der Jahr gekommen, um Kommunismus zu studieren,

00:00:54: sondern irgendeinen Brotberuf damit sie das ihre Familie zu Hause ernähren können und vielleicht ihr Land ein bisschen weiter bringen.

00:01:01: Und das wurde dann natürlich vom Vorstand beschlossen.

00:01:06: Wir brauchen die elf Millionen.

00:01:08: Die DDR und wir im DAAD.

00:01:16: Eine Zeitzeugenbefragung.

00:01:19: Folge vier, nicht alles Kommunisten.

00:01:23: Diesen forminanten Einstieg in die heutige Episode hat uns Prof. Theodor Berchem, ehemaliger Präsident des DRDs, geschenkt.

00:01:32: Und damit sage ich Hallo zu einer neuen Episode in der Staffel die DDR und wir im DRD.

00:01:40: Ich bin Alexander Haridi und bei mir im Studio heute ist...

00:01:44: Laura Kuzay.

00:01:45: Hallo Laura, schön, dass du da bist.

00:01:47: Du hast das Skript für diese heutige Sendung geschrieben.

00:01:52: Du hast einige Wochen, ja Monate daran gearbeitet, denn es ist ein großes Ding geworden.

00:01:59: Kein Wunder, denn wir kommen in dieser Episode zum Kern und zum Ausgangspunkt des gesamten Projektes.

00:02:07: Der DRD Belegschaft in dem Versuch die eigene Geschichte nachzuzeichnen in der Wendezeit.

00:02:15: Und wir gehen zurück in die Jahre 89, 90 in eine Situation in der die DDR zu Ende geht.

00:02:26: Die Bundesrepublik schließlich übernimmt und ganz viele Dinge passieren.

00:02:31: Sehr dicht und in sehr kurzer Abfolge.

00:02:35: Und da ging es uns um die Frage, wie kam es dazu, dass die 7000 Ostdeutschen...

00:02:43: Also die 7000 ausländischen Stipendiaten an Ostdeutschen Hochschulen so richtig,

00:02:48: also dass diese Gruppe nicht nach Hause geschickt worden ist, sondern tatsächlich vom DRD übernommen wurde?

00:02:56: Und wie kam es zu der Entscheidung, die Administration dieser Stipendiaten nicht nach Bonn in den DRD zu verlegen

00:03:06: und nach westlicher Manier zu gestalten, sondern es im Prinzip genauso fortzuführen, wie die DDR es auch getan hatte.

00:03:15: Und zwar mit Leuten aus dem ehemaligen Ostministerium, aus dem zuständigen Bildungsministerium, die nämlich die Experten waren.

00:03:24: Also hier wurde eine Institution oder ein System nicht abgewickelt, sondern es wurde praktisch überführt in neue westdeutsche Kleider.

00:03:34: Das ist schon eine sehr besondere Geschichte und die wollten wir in dieser Episode aufbohren.

00:03:43: Und tatsächlich brauchen wir mehrere Episoden.

00:03:45: Es kommt jetzt eigentlich ein Block von vier Episoden, die miteinander zusammenhängen und wo wir verschiedene Dinge beleuchten.

00:03:56: Und wir versuchen zu rekonstruieren und die Rekonstruktion von historischen Ereignissen ist tatsächlich eine komplexe Sache.

00:04:07: In anderen Episoden haben wir Zeitzeugen, sprechen, hören zu bestimmten Themen.

00:04:14: Und da war es unsere Aufgabe zu sortieren und die Dinge in eine erzählbare Abfolge zu bringen.

00:04:21: Das war für uns als Projektleute, aber nicht so schwierig wie die heutige und die folgenden Episoden.

00:04:28: Denn wir rekonstruieren hier Wirklichkeit und sind dann mit den Fragen, die sich Historikerinnen und Historiker so zu stellen haben.

00:04:39: Und mit den Problemen sind wir gefordert.

00:04:44: Und deshalb bin ich besonders froh, dass wir dich, Laura, Historikerinnen, die du bist, hier zur Unterstützung dabei haben.

00:04:54: Und zu nichts einmal könnte man sich fragen, ja, wie kommt denn Laura hier zu diesem Thema und in dieses Projekt?

00:05:03: Denn du bist neun Jahre nach dem Mauerfall geboren.

00:05:07: Das ist also nicht deine Lebensgeschichte, die hier verhandelt wird.

00:05:11: Du bist nachgeborene, du bist in Bielefeld geboren.

00:05:15: Also könnte man vermuten, hast du eher eine westdeutsche Perspektive und du bist auch nicht im DAD beschäftigt.

00:05:22: Das sind jetzt nicht deine Kolleginnen und Kollegen, um die es geht.

00:05:25: Und trotzdem bist du hier und ganz tief drin im Projekt.

00:05:31: Wie kam es dazu?

00:05:33: Genau, also ich studiere Geschichte.

00:05:35: Ich habe mein Bachelor in Bielefeld gemacht und mein Master mache ich gerade in Jena.

00:05:39: Und ich habe mich während meines Studiums immer sehr für die Zeitgeschichte interessiert.

00:05:43: Aber vor allem auch für '89/'90 als Zäsur, weil sowohl national auf deutsch-deutschem Level total viel passiert,

00:05:50: aber auch transnational und global und viele Umbrüche stattfinden.

00:05:54: Soziale Umbrüche, gesellschaftliche Umbrüche, politische Umbrüche natürlich auch.

00:05:59: Aber auch wie sich das Ganze weiterentwickelt, hat mich immer sehr interessiert.

00:06:03: Und ich habe mich auch zum Beispiel auf einer emotionalen Ebene damit beschäftigt.

00:06:08: Ich habe mir zum Beispiel emotionsgeschichtlich das Phänomen 'Ostalgie' angeschaut.

00:06:12: Und irgendwann im Studium kam auch mein Interesse für die Orbal History als Forschungsmethode,

00:06:18: aber auch als Quelle für die Zeitzeugeninterviews.

00:06:21: Und ich habe selber ein Interview geführt.

00:06:23: Und als ich dann mein Interview analysiert habe für eine Hausarbeit,

00:06:27: habe ich parallel auch die Stellenausschreibung gesehen.

00:06:30: Und fand, dass das Projekt super interessant klang und viele meiner Interessen verbunden hat.

00:06:36: Und dann habe ich mich beworben und jetzt bin ich hier.

00:06:39: Ja, und ich bin froh, dass du hier bist. Ich bin auch froh, dass ich dich ausgewählt habe.

00:06:43: Wir hatten ja eine ganze Reihe von Bewerberinnen.

00:06:47: Und Bewerberinnen aber am Ende sind drei Personen in dieses Projektteam gekommen.

00:06:51: Das bist du. Und das ist die Pia Irmer und der Sebastian Weiß,

00:06:56: mit den du jetzt in den letzten Monaten zusammen gearbeitet hast.

00:07:02: Heute schauen wir also darauf, wie ist es dazu gekommen,

00:07:07: dass der DRD diese Strukturen aus der DDR übernommen hat.

00:07:13: Und das ist, es ist eine längere Geschichte.

00:07:16: Und wir wollen ja nicht nur schauen, was am Ende passiert ist,

00:07:19: sondern wir gucken auch darauf, was hätte sein können, was am Ende nicht passiert ist.

00:07:25: Und da wird ja Geschichte oder Geschichtserzählung wirklich interessant,

00:07:30: wenn man so weit vorstößt.

00:07:33: Und sehr stark schauen wir hier auch auf die Perspektiven,

00:07:37: denn es macht in diesem ungleichen Machtverhältnis von West und Ost

00:07:45: natürlich einen Unterschied, auf welcher Seite ich stehe.

00:07:49: Und auch auf den Seiten gibt es natürlich verschiedene Einstellungen

00:07:52: und verschiedene Persönlichkeiten, die hier in den gegebenen Umständen

00:07:57: sehr stark zur Geltung kommen und was dann dazu führt,

00:08:00: dass die Dinge am Ende so geschehen, so passieren, wie wir sie dann erlebt haben.

00:08:08: Laura, kannst du uns nochmal definieren, wie deine Herangehensweise war

00:08:16: oder was deine Ambition war für diese Folge?

00:08:20: Also du hast ja schon gesagt, dass sehr viele Perspektiven hier aufeinandertreffen

00:08:25: und mir war es sehr wichtig, diese unterschiedlichen Perspektiven zu versuchen aufzuzeigen,

00:08:30: weil es nun mal sehr komplexe Sachen sind und komplexe Einstellungen

00:08:36: und dementsprechend, ich habe mich manchmal ein bisschen wie so eine Fischerin im Meer gefühlt

00:08:41: und habe gesucht und geschaut, wie kann man was gegenüberstellen

00:08:47: und mir war es wichtig, ein Spektrum aufzuzeigen und keine schwarz-weiß Geschichte.

00:08:52: Und deswegen haben wir sowohl Ostdeutsche als auch Westdeutsche Perspektiven drin

00:08:57: und ich habe dann gesammelt und dann die Folge so zusammengepuzzelt.

00:09:03: Du hast auch tatsächlich nach recherchiert, also zunächst mal stützte euch ja auf die Interviews,

00:09:10: die ich geführt habe, die 60 Interviews, aber ihr habt auch zusätzliche,

00:09:15: habt nach recherchiert und auch andere Quellen benutzt dabei?

00:09:18: Genau, wir haben nach recherchiert und wir sind auch noch mal so ein bisschen in die Archivarbeit gegangen,

00:09:24: haben schriftliche Quellen uns angeschaut und haben so dann das Bild zu rekonstruieren versucht

00:09:32: und so ein kleines Mosaik zusammengelegt, würde ich sagen.

00:09:35: Es gibt auch eine gewisse Historiografie zu dem Thema, es gibt Chroniken, nicht wahr,

00:09:41: und ein Buch, das wichtig ist?

00:09:44: Genau, der Heinz Wegener, der hat mich die letzten drei Monate sehr begleitet,

00:09:50: der hat ein Buch geschrieben über diese Zeit, über die Arbeitsstelle Mitte auch,

00:09:57: die später in dem weiteren Block vorkommen wird und über die Frau Kundu ja auch ganz ausführlich sprechen werdet.

00:10:05: Genau, und ja, das hat mir sehr geholfen bei der Recherche, genau.

00:10:10: Und zum Teil konntet ihr auch die Zeitzeugen anrufen und noch Sachverhalte aufklären mit ihnen?

00:10:17: Ja, genau, wir haben mit manchen telefoniert, mit einem haben wir sogar persönlich gesprochen.

00:10:22: Das war auch superinteressant und aufschlussreich, die Leute auch mal persönlich zu sehen,

00:10:26: weil wenn man die Interviews hört und sieht, dann kennt man die Person ja auch irgendwie

00:10:30: und dementsprechend war das auch super spannend, dann nochmal mit den Personen zu sprechen.

00:10:35: Und ja, wir haben dann nochmal Fragen gestellt, weil nicht alles direkt klar gewesen ist,

00:10:40: auch wenn man dann die Quellen herangezogen hat, blieben trotzdem noch ein paar Fragen offen.

00:10:45: Und deswegen haben wir dann nochmal mit denen gesprochen und das hat uns auch sehr weiter geholfen.

00:10:50: Ja, und nach manchen Dingen hatte ich ja auch schon sehr hartnäckig recherchiert,

00:10:56: insbesondere nach der Frage, wer war eigentlich gegen die Entscheidung

00:11:02: und wer hätte diese Gruppe der Studierenden gerne nach Hause geschickt?

00:11:06: Das war gar nicht so leicht herauszufinden.

00:11:09: Und wir haben auch nicht alles herausgefunden, aber doch eine ganze Menge.

00:11:14: Und das werden wir ja später sehen, was das ist und was wir davon hier preisgeben können

00:11:21: und wo wir vielleicht dann doch noch das Tuch nicht abdecken können.

00:11:26: Jetzt fangen wir aber mal an und kommen rein in die Zeit.

00:11:31: Und wir sind jetzt, sagen wir mal, im November 1989 etwa.

00:11:38: Also die Mauer ist geöffnet, sie ist gefallen, jetzt kommt Dynamik in die Geschichte rein.

00:11:47: Aber es war längst noch nicht ausgemacht, dass es weniger als ein Jahr später

00:11:54: zur Wiedervereinigung zum Beitritt oder wie immer das, ich will es wertfrei sagen,

00:12:00: zum Zusammenschluss dieser beiden deutschen Staaten in die erweiterte Bundesrepublik kommen würde.

00:12:08: Und um diese Perspektive von November 1989 uns noch mal zu vergegenwärtigen hören wir jetzt Albrecht von der Heiden.

00:12:17: Er ist der Diplomat, hat im Auswärtigen Amt in der Kulturabteilung 613 das Referat gearbeitet,

00:12:26: dass das auch für den DRD zuständig ist.

00:12:29: Und er erzählt uns, wie man aus Amtssicht oder sagen wir mal im offiziellen Bonn damals noch die Weltlage eingeschätzt hat.

00:12:42: Aber auch da, vielleicht noch ein kleines bisschen, die Frage hält das.

00:12:47: Das war damals auch noch nicht klar, aber auch noch nicht die Perspektive gleich da, Wiedervereinigung.

00:12:56: Sondern erst mal ging es darum, die Mauer ist überwunden, aber wie geht es dann weiter?

00:13:03: Das heißt, es war noch kein totaler Systemwechsel da, in dem Sinne.

00:13:12: Also auch nicht das Gefühl, dass nun tatsächlich so jetzt in dem Augenblick eine Zeitenwende,

00:13:18: oder wie immer heute würde man das sagen, Zeitwende eingetreten ist.

00:13:22: Ja, wie geht es dann weiter?

00:13:24: Also es gab ja auch einen Büro in Westberlin, ein DRD-Büro und der damalige Leiter Heinz Wegener,

00:13:32: dessen Buch ich ja auch sehr viel herangezogen habe, hat damals einen Boten ins MHF geschickt,

00:13:39: das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen der DDR, das in Ostberlin war.

00:13:43: Und genau dieser Bote erzählt uns jetzt auch, wie er das Ganze wahrgenommen hat.

00:13:47: Und die Sache ist ja bemerkenswert.

00:13:49: Wir sind hier in einer Stadt, aber in einer geteilten Stadt.

00:13:53: Und diese Teilung, die war so gründlich, dass es keinen Kontakt gab zwischen den Ministerien.

00:14:01: Also ja, das DRD-Büro in Berlin West hatte keinen Kontakt und wusste nicht,

00:14:08: wie man ansprechen sollte und wie es gab auch.

00:14:11: Keine Telefonnummer und keine Postadresse.

00:14:14: Und deshalb hat man einen Boten hingeschickt, ein Sendboten sozusagen.

00:14:19: Und das ist der Bernhard Füll.

00:14:21: Und dann hat er gesagt, Herr Füll, bringen Sie das mal rüber, stellen Sie den Kontakt her.

00:14:25: Genau, wir wollen jetzt in Kontakt.

00:14:27: Der hatte keine Telefonnummer und hatte keine Adresse.

00:14:29: Was kann ich über in Osten irgendwie auch man da telefonieren konnte?

00:14:35: Oder so einfach auch?

00:14:37: Ich weiß es nicht.

00:14:38: Dann haben Sie, sind Sie hin mit dem Umschlag, haben Sie den einer Person übergeben,

00:14:42: von der Sie denken, es könnte ertrennen gewesen sein.

00:14:45: Das weiß ich im Nachhinein nicht mehr, das ist so, ja, könnte.

00:14:50: Ich weiß nur, ich habe einen Kaffee bekommen, der war jetzt nicht gerade sehr schmackhaft.

00:14:55: Ich habe mich so umgesehen, das war halt alles dieses typische DDR-preußische,

00:15:03: von der ganzen Ästhetik, wie es halt war, die DDR.

00:15:06: Wie denn?

00:15:08: Muffelig, die Büros und alles korrekt und irgendwie so komisch.

00:15:15: Der Weg von November bis Juni war ja lang, also nur sieben Monate,

00:15:22: aber in so bewegten Zeiten ist das eine sehr lange Zeit.

00:15:26: Und zunächst dachte ja überhaupt niemand an eine Vereinigung der beiden Staaten,

00:15:33: also jedenfalls nicht kurzfristig, sondern vielleicht am Ende eines mehrjährigen

00:15:40: oder sogar jahrzehntelangen Prozesses.

00:15:43: Und dass wir uns zunächst damit beschäftigt haben, wie wir die Chance,

00:15:50: die sich jetzt bot, nämlich den Austausch zwischen der DDR

00:15:56: und der Bundesrepublik der alten Bundesrepublik zu verstärken,

00:16:00: das stand zunächst mal Nummer eins auf der Tagesordnung.

00:16:04: Und Nummer zwei, und da geschah auch praktisch was,

00:16:08: weil da wurde eben dieses Stipendium-Programm, wenn auch völlig einseitig,

00:16:12: da hatten nicht viele Westdeutsche, die dann in die DDR gehen wollten,

00:16:15: aber jede Menge DDR-Studierende und Wissenschaftler wollten in die BRD kommen.

00:16:22: Und das haben wir gewaltig, also um ein Vielfaches dieses Programm,

00:16:28: vergrößert.

00:16:31: So, das ist das, was praktisch stattfand, seit den ersten Monaten des Jahres 1990.

00:16:39: Dann gab es aber, das war immer noch im wesentlichen Theorie,

00:16:44: gab es Überlegungen, wie man die DDR Hochschulen unterstützen könnte

00:16:52: bei der Entwicklung ihrer Beziehungen zum Westen, also zur Bundesrepublik,

00:16:58: das machten wir ja selbst, aber eben auch zu anderen Staaten im Westen.

00:17:04: Also konkret ist dann nach meiner Erinnerung wenig passiert.

00:17:09: Da gab es, glaube ich, mal Gespräche, auch mit Direktorenkonferenz,

00:17:14: aber operativ ist dann nach meiner Erinnerung nichts passiert.

00:17:19: Ja, das war Ulrich Grotus, 89/90 Referent der Geschäftsleitung

00:17:28: und später dann stellvertretender Generalsekretär des DRDs,

00:17:33: der in dieser Zeit sehr aktiv war und ja an der fordersten Verhandlungsfront

00:17:38: auch agierte, dazu hören wir später, sehr viel mehr.

00:17:42: Und Ulrich Grotus schildert ja hier wie auch nach dem Mauerfall

00:17:49: der Zusammenschluss eben noch gar nicht in Sicht war

00:17:53: und es dem DRD darum ging, dass den innerdeutschen Austausch,

00:17:57: also zwischen der Bundesrepublik und der DDR,

00:18:00: nicht in einem gemeinsamen Deutschland, sondern zwischen zwei Staaten,

00:18:03: zwischen zwei deutschen Staaten zu fördern.

00:18:07: Es gab tatsächlich schon Programmstrukturen, die 88 begonnen hatten

00:18:13: und das Thema ist so interessant, dass wir eine eigene Episode dazu gemacht haben.

00:18:20: Das kann man als eigene Episode nachhören.

00:18:26: Wir wollen das hier nicht vertiefen und springen jetzt mal zur Volkskammerwahl

00:18:33: im März 1990, wenige Monate später.

00:18:38: Diese Volkskammerwahlen waren die ersten freien Parlamentswahlen

00:18:43: in der Geschichte der DDR, die ja im Oktober 89 ihren 40. Geburtstag gefeiert hatte,

00:18:53: aber keine der Wahlen in der alten DDR waren frei,

00:18:57: sondern die waren immer schon gelenkt und vom einen Parteiensystem orchestriert.

00:19:05: Die Märzwahlen waren aber tatsächlich frei

00:19:08: und nun trat eine frei gewählte Vertretung des Volkes zusammen.

00:19:17: Die Mehrheit hatte die Allianz für Deutschland, Lothar de Mezière war der Ministerpräsident

00:19:29: und diese Allianz hatte schon eine Tendenz zur raschen Annäherung an die Bundesrepublik.

00:19:38: Das war schon abzusehen und es kam dann auch zur Neustrukturierung der Ministerien.

00:19:46: Das betrifft uns hier im Projekt insofern,

00:19:49: als dass verschiedene mit Bildung befassten Ministerien zusammengelegt wurden sind.

00:19:56: Das ehemalige Volksbildungsministerium, das Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen,

00:20:02: das ja hier für den Studierenden-Austausch zuständig war

00:20:07: und auch der Staatssekretariat für die Berufsbildung

00:20:10: wurden zusammengelegt in ein neues Ministerium für Bildung und Wissenschaft

00:20:15: auch mit einem neuen Minister,

00:20:19: einem unbelasteten Minister Prof. Hans-Joachim Meyer,

00:20:24: English- und Theologen von der Humberg.

00:20:29: Jedenfalls engagierter Katholik, denn später begegnete er uns im Wiederverein

00:20:35: in Deutschland als Generalsekretär des Zentralkomitees der Katholiken

00:20:40: als Kultusminister in Sachsen, also eine bekannte Figur in der Bildungslandtag

00:20:44: und er als sehr unbelasseter und nicht Parteimitglied

00:20:49: wurde eben jetzt Minister dieses großen Ministeriums

00:20:53: und war damit auch Ansprechpartner für den DRD.

00:20:58: Und jetzt hören wir mal zwei Stimmen aus Ostdeutschland,

00:21:04: nämlich von Menschen, die damals im Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen gearbeitet haben

00:21:12: und die ganz wichtige Quellen sind für die Geschichte, die wir hier erzählen.

00:21:17: Das ist der Gottfried Gügold und Waldrott Klim.

00:21:21: Wir haben dann also erst mal die Arbeitsaufgaben zusammengetragen

00:21:25: über die zwischen DRD, Goethe, Köln, pädagogischer Austauschdienst gesprochen werden sollte,

00:21:32: Zweckszusammenführung, welche Teile kann wer übernehmen und welche nicht.

00:21:41: Und dann hat man eine Rangfolge festgelegt, was sind prioritäre Aufgaben,

00:21:46: was muss also jetzt im April, Mai, Juli besprochen werden,

00:21:50: was hat Zeit bis Winter oder gar früher, 1991, das waren dann die eher posterioritäten,

00:22:00: zu denen man dann im Übrigen in den bilateralen Gesprächen nicht mehr gekommen ist.

00:22:06: Da kam die Einheit und dann war Schluss.

00:22:09: Man hat zwar noch Parallel versucht, hat ja dann so der Auslandsbereich,

00:22:14: wo mit dem DRD Kontakt aufgenommen und man war ihm bestrebt da noch analog zu DDR-Zeiten,

00:22:20: so was Ähnliches aufzubauen, was dann aber alles nicht mehr gelungen ist,

00:22:25: weil es ja zu schnell dem Berg runtergeht, weil alle sich eigentlich nur erhofft haben,

00:22:30: der Westen kommt schnell über uns.

00:22:32: Ja, es ist alles in Bewegung und gerade das kriegen dann auch die Ministeriellen

00:22:37: als einer der ersten Persongruppen in der DDR zu spüren und sie machen sich viele Gedanken

00:22:44: und knüpfen auch Kontakte mit der BAD und gucken, wie kann man das Hochschulsystem stabilisieren,

00:22:51: wie können wir die Wissenschaft stabilisieren und dementsprechend gibt es auch Arbeitsgruppen,

00:22:57: wie die auswärtige Kulturpolitik, in der Gottfried Gügold dann auch gewesen ist

00:23:02: und aktiv sich Gedanken darüber gemacht hat.

00:23:06: Und gleichzeitig gab es ja auch die Idee, was Eigenes aufzubauen vielleicht,

00:23:11: aber wie Walter Rold Klim auch gesagt hat und du ja auch schon gesagt hast,

00:23:18: als wir über die Volkskamera-Wahl geredet haben, im März war für viele Leute eigentlich schon

00:23:25: absehbar, dass die Wiedervereinigung kommen würde und spätestens dann im Mai,

00:23:30: als die westlichen Großmächte und auch Grobatschow gesagt haben, ja, war eigentlich klar,

00:23:37: die Wiedervereinigung kommt und bei deutschen Staaten werden ein Staat werden.

00:23:43: Ja, und damit war quasi, war ein eigenständige Versuche aussichtslos.

00:23:51: Gleichwohl haben sie immer noch stattgefohnt und auch dazu haben wir eine eigene Episode verfasst

00:23:59: und das ist wirklich spannend, dann nachzuvollziehen, was sich am Ende nicht durchgesetzt hat,

00:24:05: aber wie es verhandelt wurde und wer da so daran beteiligt war.

00:24:10: Ja, oder auch einfach die Gegenperspektive zu sehen, was auf der anderen Seite Deutschlands zu dem Zeitpunkt passiert ist

00:24:17: und wie sich das Ganze dort entwickelt hat und wie auch der Prozess wahrgenommen wurde.

00:24:24: Ja, da hören wir mal kurz rein, ohne das jetzt zu vertiefen,

00:24:31: aber um uns das zu vergegenwärtigen hören wir mal Herrn Grotus und Herrn Berchem.

00:24:37: Dann überlichten aber die DDR Hochschulen, ich würde sagen im zweiten Quartal 1990,

00:24:47: ob sie nicht selber einen akademischen Austauschdienst aufbauen wollten

00:24:54: und da war das Echo im DRD verhalten, das hat auch damit zu tun, dass dann hatten ja die Wahlen stattgefunden

00:25:04: und es war offensichtlich, dass die Vereinigung nicht in einigen Jahren, sondern in einigen Monaten stattfinden würde

00:25:11: und angesichts dieser Tatsache fand es die Leitendes DRD keine gute Idee,

00:25:17: dass jetzt ein akademischer Austauschdienst erst mal aufgebaut werden sollte in Ostdeutschland

00:25:23: und dann ein paar Monate später mit dem bestehenden Austauschdienst wieder vereinigt werden müsste.

00:25:28: Also das wurde skeptisch bis hin erhalten, behandelt.

00:25:35: Also entweder wieder Vereinigung und dann wirkliche in allen Bereichen oder kleine, da gibt es doch keine Wahl.

00:25:44: Da kann man jetzt sagen, also nur der Zuhälfte.

00:25:48: Insofern haben wir die Obligation der DDR gegenüber anderen übernehmen wollen, soweit zu uns betraf.

00:25:58: Und das war vernünftig.

00:26:02: Sonst hätten wir heute einen zweiten DRD auf DDR-Seite.

00:26:07: Ich meine, es gibt genug Dinge, die uns trennen, aber das wäre wiederhands gewesen, was die Einheit verhindert.

00:26:16: Also solange es die DDR gab, war die Intention des DRDs die DDR in ihrem Reformprozess zu stärken

00:26:25: und vor allem den Hochschulen Autonomie zu geben.

00:26:29: In dem Moment, wo klar war, es wird eine Wiedervereinigung kommen, war der DRD auf den Plan gerufen

00:26:36: und hat gesagt, wir übernehmen Verantwortung für die Dinge in, ich sag mal, in unserem Sektor

00:26:43: und dann auf jeden Fall für den Stipendienaustausch.

00:26:46: Und wie Herr Bercham hier sagt, wir übernehmen die Obligation.

00:26:50: Das heißt, wir übernehmen alle Versprechen, die die DDR ausgesprochen hat, insbesondere die gegenüber den Menschen, die zum Studium schon gekommen sind in die DDR

00:27:05: und wie wir später sehen werden, auch noch kommen werden bis kurz vor der Wiedervereinigung.

00:27:10: Also alle Zusagen der DDR sollten übernommen werden, eine sehr verantwortungsvolle Art und Weise, glaube ich, hier vorzugehen.

00:27:22: Noch war aber nicht geklärt, wie das finanziert werden sollte.

00:27:27: Und ich möchte jetzt auch gerne nochmal eine Oststimme dazu hören, wie es damals aus Ostberlin wahrgenommen wurde, diese Position des DRD.

00:27:39: Da hören wir Herrn Gügold.

00:27:41: Aber vor allem haben wir gehört, erhaltenswertes soll erhalten bleiben, aber wir müssen wissen, was ist erhaltenswert.

00:27:51: Und die viel wichtigere Frage können wir uns das leisten.

00:27:56: Es schwebte immer und das war für uns überzeugend, dass der DRD diese Frage beurteilt hat, stark auch unter dem Blickwinkel des einzelnen Gastlandes.

00:28:08: Und man nie den Eindruck hatte, wir verabreden irgendetwas und das soll den Franzosen und Polen und allen anderen egal sein.

00:28:16: Was bestimmt wird, bestimmen wir in Bonn.

00:28:19: Sondern wir mussten immer vor allem bezogen auf Osteuropa, weil die Expertise vor allem bezogen auf Osteuropa in Ostberlin saß.

00:28:29: Sie wollten hören, wie würde denn bei der und bei der und bei der weichen Stellung Osteuropa reagieren?

00:28:38: Behutsam.

00:28:40: So, und da hatten wir immer den Eindruck, wir sind gefragte Partner.

00:28:47: Wir haben diese Expertise, das wurde genau verfolgt, das wurde mitgeschrieben.

00:28:52: Und erst viel später, als ich selber in Bonn angekommen war, hatte ich gelernt, das wurde ganz stark berücksichtigt.

00:29:00: Ja, die Expertise der Kollegen in Ostdeutschland wurde gesehen und anerkannt.

00:29:09: Und das eigene Unwissen, über das er über diesen internationalen Austausch wurde sich selbst auch zugestanden.

00:29:18: Und das werden wir jetzt sehr deutlich in den Erinnerungen von Christian Bode, der 1990 Generalsekretär des DRDs wurde.

00:29:28: Ich wusste leider, obwohl in Cottbus geboren, herzlich wenig und ich glaube, die Kollegen alle auch.

00:29:35: Es waren fast ein weißer Fleck.

00:29:38: Wir wussten schon über Polen mehr oder über die Serviette Union.

00:29:44: Ja, also das gehörte zu dem, was wir erst mal lernen mussten.

00:29:49: In der Tat hatten wir damals ungefähr 7500 ausländische Studierende in der DDR.

00:29:57: Es gab übrigens, das war eine der großen Unterschiede, es gab eigentlich keine ausländischen Studierenden, die nicht stipendiaten waren.

00:30:06: Niemand im DRD hatte irgendeine Ahnung.

00:30:09: Von der intensiven Austauschtätigkeit für sowohl hereinkommende als auch herausgehende Studierende und Wissenschaftler, die es in der DDR gab.

00:30:21: Das haben wir alle erst kennengelernt nach dem Umbruch in der DDR im Sommer 1990.

00:30:31: Erst bei dem Besuch von unseren ostdeutschen Gesprächspartnern zum ersten Mal erfuhr, welches Volumen die Stipendienprogramme der DDR hatten.

00:30:44: Übrigens in beide Richtungen.

00:30:46: In beiden Richtungen in den Tausendern.

00:30:51: Und ich glaube bei den Ausländern 7000 oder sowas.

00:30:56: Und der DRD hatte damals so Größenordnungsmäßig 2000 ausländische Langzeitstipendiaten in der Förderung.

00:31:04: Das heißt, die DDR, obwohl sie nur ein Viertel so groß war wie die DRD, hatte mehr als dreimal so viele ausländische Stipendiaten im Land.

00:31:14: Als ich dann in dieser Branche gearbeitet hatte, hätte ich das ja eigentlich wissen sollen.

00:31:19: Und wir alle in der DDR hatten keine Ahnung über Umfang, Charakter, Ausrichtung der Austauschprogramme, die die DDR hatte.

00:31:33: Das ist ja eine schonungslose Selbstkritik, die hier geübt wird.

00:31:38: Und die Lernkurve war aber sehr, sehr steil.

00:31:42: Und in kurzer Zeit war dann klar, wie groß dieser Aufgabe sein würde.

00:31:49: Aber die andere große Frage war, wie finanzieren wir das?

00:31:56: Ja, genau. Es kommen sehr viele Fragen auf.

00:31:59: Und gerade auch, weil die Unkenntnis da ist oder sehr wenig Kenntnisse vorhanden sind, stellen sich super viele Fragen.

00:32:07: Wie wird das finanziert? Welche Leute holen wir heran?

00:32:13: Und dementsprechend gab es dann auch Verhandlungen über die Übernahme dieser Stipendiaten.

00:32:19: Und da hören wir jetzt mal rein, wie das Ganze so abgelaufen ist.

00:32:25: Da erinnere ich mich an eine Sitzung, da hieß es plötzlich, wir brauchen 11 Millionen mehr.

00:32:41: Und wir waren im Vorstand des DRD und debattierten da in der Runde.

00:32:51: Und dann sagte einer, wir werden doch nicht die Kommunisten da unterhalten.

00:33:00: Ja, und dann habe ich dem Herren ...

00:33:04: Können Sie sich einen fair das machen?

00:33:06: Ja, kann ich.

00:33:08: Und das waren gefahren und dann sahen sie mal her so und so.

00:33:13: Die jungen Leute, die da gekommen sind, die sind doch nicht in die Edite hergekommen, um Kommunismus zu studieren,

00:33:20: sondern irgendein Brotberuf damit sie das ihre Familie zu Hause ernähren können

00:33:25: und vielleicht ihr Land ein bisschen weiterbringen.

00:33:28: Und das wurde dann natürlich vom Vorstand beschlossen.

00:33:32: Wir brauchen die 11 Millionen.

00:33:35: Dank der Erinnerung von Prof. Bercham haben wir die Möglichkeit, hier hinter die Kulissen zu schauen

00:33:41: in Räume, die man ja in der Politik auch normalerweise nicht betreten kann, wenn man nicht dazugehört.

00:33:47: Er lässt uns hier teilnehmen.

00:33:49: An dieser Vorstandsitzung im Vorstand sitzen ja die Mitglieder und Geldgeber des DRDs.

00:33:57: Also das sind die Vertreter der Hochschulen.

00:34:00: Und als Geldgeber gerade zur damaligen Zeit vor allem das Auswärtige Amt, das Bundesbildungsministerium

00:34:06: und das Ministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit usw.

00:34:10: Also da sind auch die Geldgeber und die müssen es am Ende finanzieren,

00:34:15: denn der DRD hat kein eigenes Geld, keine Einnahmen.

00:34:18: Und man hat es offensichtlich.

00:34:20: auch Widerstände, das haben wir hier gehört. Aber Namen zu benennen ist offensichtlich auch

00:34:26: 35 Jahre später noch Heikel. Und es hat das aber interessiert und auch unter den Nägeln

00:34:33: gebrannt und gejuckt, herauszufinden, aus welcher Ecke oder mit welcher Begründung

00:34:41: der Widerstand kam. Und es gibt ja auch gute Gründe für die Position zu sagen, das sind

00:34:49: nicht unsere Verpflichtung. Und wir wissen nicht, wie diese Zusagen zustande gekommen sind und wir

00:34:55: wollen das nicht finanzieren. Es gibt Argumente dafür. Und ich habe tatsächlich viel nachgefragt

00:35:03: und recherchiert und versucht, eine Quelle zu finden für diese Position und bin schließlich

00:35:13: auch fündig geworden. Und zwar habe ich geschaut nach den damaligen Geldgebern und den Vertretern der

00:35:24: Ministerien und für den DAD ist das auswärtige Amt ja hier besonders wichtig, dass ja auch den

00:35:30: DAD institutionell finanziert, also die Grundfinanzierung des DADs übernimmt. Und das für den

00:35:39: DAD zuständige Referat befindet sich in der Kulturabteilung des auswärtigen Amtes und dann

00:35:45: gibt es das Referat 613, das auch für Hochschulen zuständig war. Und der damalige Leiter dieses

00:35:55: Referats ist Dr. Wiebrecht von Tresco, ein Name, den ich öfters gehört habe. Man erinnert sich

00:36:03: viel an ihn, gerne an ihn, weil er, glaube ich, da sehr engagiert aufgetreten ist. Leider konnte ich

00:36:16: ihn selbst nicht zu einem Interview sprechen. Er lebt aber und ich habe mit ihm E-Mail-Verkehr

00:36:30: haben können und er hat mir am Ende auch seine Lebenserinnerung, die er aufgeschrieben hat,

00:36:37: eine Seite kopiert und wo er genau das Missing Link darbringt und schildert, woher der Widerstand

00:36:46: kam. Da wir keinen O-Ton von ihm haben, habe ich mir überlegt, lass ich das doch mal einsprechen

00:36:56: von einem Mann, ähnlichen Alters und an dieser Stelle danke ich meinem Nachbarn Alphons, der,

00:37:03: nämlich bereit war, das einfach mal einzusprechen und ich glaube, man fühlt sich ganz gut in die

00:37:11: Situation auditiv versetzt und diesen Einspieler wollen wir mal hören. Der von mir im Referat

00:37:19: verwaltete Haushalt belieft sich 1989 auf etwa 210 Millionen D-Mark jährlich. Dann kam der Fall

00:37:31: der Berliner Mauer, dem ich vor dem Fernseher hockend und ergriffen wie ein Schloss und heulend

00:37:39: zusag. Ich war mir immer sicher gewesen und stand da mit meiner Meinung im Amt ziemlich allein,

00:37:48: dass die Wiedervereinigung kommen müsse, nach meiner Vorstellung in 50 Jahren. Wenn es die Polen

00:37:58: geschafft hatten, über 150 Jahre lang zu warten, Napoleon und viele andere zu bedrängeln und

00:38:08: schließlich wieder vereinigt zu werden, warum dann nicht auch die Deutschen. Für Referat 613

00:38:17: bedeutete der plötzliche Einigungsprozess, dass wir zu entscheiden hatten, was mit den über 7000

00:38:28: ausländischen Studenten geschehen solle, die mit Stipendien der DDR an deren Universitäten

00:38:36: studierten. Mein für den Kultureter des AA zuständige Kollege im Bundesfinanzministerium

00:38:46: Ministerialrat Dr. Schwarting, das Urbild eines unendlich fleißigen und korrekten preußischen

00:38:55: Beamten, den ich mir leicht mit Vatermörderkragen vorstellen konnte, meinte zu mir, die studieren

00:39:05: doch alle Marxismus und Lenemismus, die werden natürlich nach Hause geschickt. Ich erklärte

00:39:14: mich einverstanden und die anderen dürfen bleiben, Dr. Schwarting, die dürfen bleiben. Es waren dann

00:39:24: kaum mehr als zwei Dutzend Ausländer, die an den Ostdeutschen Hochschulen, ML, studierten. Alle

00:39:33: anderen waren Mediziner, Landwirte, Wasserbauer etc. Im ersten Jahr kosteten sie den Bundeshaushalt

00:39:45: 52 Millionen zusätzliche Deutsche Mark. Der letzte Student verließ 1997 seine Ostdeutsche

00:39:57: Universität aus dieser Passage in der Lebenserinnerung von Herrn von Tresco. Kann man sehr viel herauslesen,

00:40:09: es ist reichhaltig da drin und man muss es vielleicht auch interpretieren. Und die anderen dürfen bleiben,

00:40:17: erscheint mir jedenfalls hier wie ein Trick. Ich glaube man hört hier raus,

00:40:26: es gab die Bereitschaft, die Studierenden zu unterstützen, wahrscheinlich, weil sie die

00:40:32: Schwächsten in der Kette angewiesen sind auf ihren Lebensunterhalt auf das Stipendium. Herr von

00:40:39: Tresco ist hier aber nicht in Frontal-Opposition gegangen zum Kollegen vom Finanzministerium,

00:40:46: sondern die anderen dürfen bleiben. Mit dieser harmlos klingenden Frage hat er für die große

00:40:53: Mehrheit der Studierenden das OK quasi geholt, indirekt. Und dieses OK hieß dann eben Finanzierung

00:41:01: auch für den DRD. Die DRD-Geschäftsleitung hat natürlich auch argumentiert und ich finde

00:41:09: es interessant zu hören, was ihre Argumente waren. Warum sollen wir denn dieses Erbe der DDR

00:41:16: eigentlich übernehmen? Was spricht dafür? Und was würde passieren, wenn wir uns anders entschieden?

00:41:24: Und da war der Substant der kalten Krieger besonders groß, dass das sicher alles künftige

00:41:32: Terroristen oder mindestens kommunistische Parteifunktionäre werden würden. Um kommunistische

00:41:39: Parteifunktionäre zu werden, müssten die aber eigentlich nicht Maschinenbau oder Physik

00:41:43: studieren. Und die studierten aber eben Maschinenbau oder Physik oder Medizin. Wir fanden es außerdem

00:41:49: interessant, dass wir auf diese Weise Verbindungen zu Ländern bekämen oder jedenfalls stärken konnten,

00:41:56: mit denen wir da bis dahin eigentlich nur schwache Verbindung hatten. Also das war ja so ein bisschen,

00:42:02: wo die DDR stark waren, waren wir schwächer und umgekehrt. Ja, es hat eine kurze Phase gegeben,

00:42:07: in der es völlig offen war, ob man das finanzieren könnte. Denn wir haben natürlich schnell

00:42:14: überschlagen, was das kostet. Ich glaube, das war so in der Größenordnung um die 50 Millionen

00:42:19: jährlich. Und wenn man denkt, dass der DDR insgesamt um die 300 hatte, dann ist das ein Sechstel,

00:42:27: also ein Aufwuchs pro Jahr. Das hat es natürlich noch nie gegeben. Dazu kam ja weitere Programme,

00:42:33: die mit der neuen Situation zu tun hatten. Ich erwähne nur das MOE-Programm Mittel-Oster-Europa.

00:42:40: Und da muss ich aber sagen, also das hat relativ schnell die Spitze des auswärtigen Amtes. Ich

00:42:45: glaube auch Heigenster selbst positiv entschieden. Jawohl, die Formel gilt. Wegen der deutschen

00:42:53: Einheit wird keiner nach Hause geschickt. Unser Hauptargument war, dass das ist für das Vereinigte

00:43:01: Deutschland eine ganz schlechte Ausgangsposition, vor allem im globalen Süden sein würde, wenn

00:43:08: das erste und einzige, was man von der Vereinigung sieht, Flugzeuge von voller Stebenjarden wären,

00:43:16: die ihr Studium abbrechen müssten. Das war unser Argument. Und das Argument hat sich gezogen.

00:43:24: Ja, wir haben jetzt in die Fandung reingehört. Wir haben die Argumente des DADs gehört und

00:43:29: haben Wissen jetzt auch Bescheid, wie die Fandungen ausgegangen sind. Die Stipendiat*innen werden

00:43:36: übernommen. Finanziell ist alles abgeklärt. Aber wir haben jetzt ganz viel über die Stipendiat*innen

00:43:42: geredet und nicht mit ihnen. Und es ist ja auch interessant zu wissen, wie die die Situation

00:43:48: wahrgenommen haben und inwieweit sie die Situation auch gespürt haben. Und dazu hören

00:43:54: wir jetzt einmal die Erinnerung von Herrn Diaby und von Herrn Freebody. Herr Diaby war zu der Zeit

00:44:00: schon längere Zeit am Studieren in Halle, an der Saale. Und Herr Freebody sollte erst kommen,

00:44:08: tatsächlich. Der war noch gar nicht da. Das hat mich dann natürlich in Senegal erinnert wieder,

00:44:12: habe gesagt, oh Gott, jetzt hattest du doch geträumt, dass du jetzt frei bist für jegliche Sorge. Jetzt

00:44:18: kommt das nochmal. Das heißt, nicht nur mich, sondern viele anderen Studenten hatten diese Angst,

00:44:23: dass es wirklich alles zu Bach runter geht. Aber Gott sei Dank ist der AD dann aufmerksam

00:44:29: geworden hat und durch die Pendien dann übernommen. So Gott sei Dank wurde das auch so abgeschlossen,

00:44:34: dass man uns dank der AD, dass wir das doch erleben durften, dass wir das so gehören.

00:44:42: Ich glaube, der AD hat das sehr reibungslos übernommen und einfach fortgesetzt und das hat

00:44:54: uns dann nicht besonders gestört. Sehr gut. Also es gab gar keine Verunsicherung oder

00:45:00: jetzt existenzielle Beunruhung. Und als du in Ghana warst, hätte sie auch sein können. Die DDR

00:45:06: gibt es nicht mehr, das Stipendium ist weg. Richtig. Habt ihr das auch gesehen, die Möglichkeit?

00:45:11: Das ging alles sehr schnell. Wir haben nicht vorhersagen können, was im nächsten Moment

00:45:25: passiert. Und solange uns nicht mitgeteilt wurde, dass Stipendium weg war, dachten wir,

00:45:34: alles läuft wie bisher. Ja, wir haben jetzt gehört, je nachdem ob man schon in Ostdeutschland war oder

00:45:43: eben nicht, waren die Wahrnehmungen der Fandungen ganz anders und man hat sie gespürt, aber man

00:45:47: hat sie eben nicht gespürt. Herr Diabi hat sich Sorgen gemacht und hat auch diese Existenzangst

00:45:54: gespürt, die damit zusammenhängt und die Ungewissheit nicht zu wissen, wie es weitergeht,

00:46:00: was ja tatsächlich vielen so ging, aber auch nicht zu wissen, ob man dann bleiben darf und dazu

00:46:06: gehört ist ja noch mal eine ganz andere Situation und dementsprechend war dann auch die, ich sage

00:46:13: jetzt mal, Dankbarkeit auch groß und dass der DRD das Ganze übernommen hat, aber es ist natürlich

00:46:20: auch interessant zu hören, dass der DRD auch sich um die Stipendiatin gekümmert hat, die gerade erst

00:46:27: kommen sollten. Herr Free Body ist tatsächlich im September gekommen, also wirklich zwei Wochen

00:46:31: vor der Wiedervereinigung und da sieht man ja auch einen Commitment, dass der DRD eingegangen ist

00:46:37: mit dieser Übernahme und man sieht auch, wie umfangreich diese Programme waren, die die DR im

00:46:44: akademischen Austausch hatte und wie viele Leute studiert haben, wie weit sie eben voraus geplant

00:46:49: haben und dass das auch alles übernommen wurde, ist natürlich auch eine schöne Sache. Ja und wenn

00:46:55: man weiß, dass das Stipendium ja quasi sich über fünf Jahre Studium erstreckt plus eine

00:47:03: ersprachliche Vorbereitung, heißt das für die Förderinstitution ein Commitment für sechs

00:47:09: Jahre Finanzierung. Das ist schon ein ganz schöner Brocken. Jetzt haben wir zwei Perspektiven gehört,

00:47:14: aber es gibt ja auch noch eine dritte Perspektive, denn es geht ja nicht nur um die Stipendiatinnen,

00:47:19: sondern auch um das ostdeutsche Personal in den Bildungsministerien, was sich damals gekümmert hat

00:47:25: und wir haben auch diese Leute dazu gefragt und Herr Stahl und Herr Gügold erzählen uns,

00:47:32: wie sie die Verhandlungen damals, aber auch in der Retroperspektive wahrnehmen. Also ich kann mir

00:47:38: vorstellen, dass gerade in der Wendezeit und als die Vereinigung stattgefunden haben, der damals

00:47:47: amtierende Außenminister möchte den kritisch bewerten, das ist, aber dass es dort viele Leute

00:47:56: gab oder einige Leute gab, die gesagt haben, was die DDR da gemacht haben ist für uns nicht mehr

00:48:08: tragbar. Wir machen jetzt alles neu. Das wäre verkehrt gewesen und alles neu kann man auch nicht

00:48:16: machen. Man muss die Menschen mitnehmen. Das geht nicht. Wir machen jetzt alles neu. Herr Bärchen

00:48:24: ist alles andere gewesen als ein Linker. Aber er hat ja hier eindeutig Position bezogen und nicht

00:48:33: gut geheißen, einen Handkantenschlag von rechts außen zu sagen, also weil es die DDR war, gehört

00:48:43: das alles, dieses Porzellan zerschlagen. Und hier ging es ja auch noch um etwas anderes, hat er aber

00:48:48: auch angedeutet und die Gastländer. Hätte man diese 5.000 Frauen und Männer nach Hause geschickt,

00:48:59: welchen Widerhall hätte das in den Gastländern gebracht? Mit der DDR war alles gut, kaum übernimmt

00:49:10: das die andere Seite, wird alles zerschlagen. Das hätte also auch für das Renommee letztlich das

00:49:18: DAD nichts Gutes gebracht. Andererseits versteht man Millionen von zusätzlichen Geldern bereit

00:49:29: zu stellen für ein Programm, das es auf westdeutscher Seite überhaupt nicht gab und was sich nicht so

00:49:35: einfach aus dem Boden stampfen lässt. Und dem DAD ist auch klar gewesen, man kann nach der Wende

00:49:42: diese 5.000 Studenten nicht mit einer Art DDR-Stipendium in der neuen Zeit abspeisen. Das waren 200 Mark DDR,

00:49:52: glaube ich, die Kosten minus. Ja, aber da kostete die Büchse Quark 45 Pfennig und die kostete

00:49:58: 1991 nicht mehr. Das Wohnheim 10 Mark, der DDR. Richtig, das ging ja alles nicht mehr. Das musste

00:50:04: man ja alles mit berücksichtigen. Das waren 50 Millionen nur für 1991. Nein, das machen wir

00:50:10: nach gelicht, nur in den ersten Jahren. Und das ist eine sehr gute Kluge, also die beste Entscheidung,

00:50:16: die man sich hat, vorstellen können, zu sagen, diese Leute bleiben bis zum Abschluss ihres Studiums

00:50:21: hier und wenn sie ihn haben, gehen sie nach Hause. Wenn sie abbrechen müssen, tut uns leid, da ist

00:50:28: aber nun nicht der DAD oder die Ostdeutsche Hochschule schuld. Wenn das Ergebnis nicht zustande

00:50:34: kommt, dann war es das maximale Förderdauer 4 oder 5 Jahre. Da waren ja welche, die gerade erst

00:50:41: gekommen sind im ersten Studienjahr, die mussten ja noch 4, 5 Jahre durchgezogen werden mit einem

00:50:47: Stipendium. Ja, man bekommt hier den Eindruck, dass die vernünftigen auf beiden Seiten zusammenarbeiten

00:50:54: und auch nahe am Menschen denken, die Schicksale auf der individuellen Ebene im Blick haben, aber

00:51:03: auch das Prestige von Deutschland in der Welt und insbesondere das Prestige des widervereinigten

00:51:09: Deutschlands. Und so kommt es, dass auf trotz verschiedener Verhandlungsposition und Ausgangslagen

00:51:18: die vernünftigen einer Allianz schmieden, um es mal griffig zu sagen. Und es kommt eben nicht zu

00:51:24: einem Bruch, sondern es entsteht Kontinuität für die Stipendiaten. Genau und natürlich geht es auch

00:51:34: um die Stipendiatinnen, aber es geht natürlich auch um die Personen, die die ganzen Austausche

00:51:38: organisiert haben. Und es geht auch darum, Wertschätzung entgegenzubringen für dieses Programm

00:51:45: und auch Anerkennung vor allen Dingen, denn die DDR war sehr aktiv in ihren Austauschprogrammen und

00:51:50: hat viele Kontakte geknüpft in viele unterschiedliche Länder, sowohl sozialistische als auch blockfreie

00:51:56: Länder. Und dies anzuerkennen und auch weiterzuführen ist auch sehr wichtig und das wird ja auch, wie

00:52:04: zum Beispiel Herr Stahl gesagt hat, auch vom DRD so aufgefasst und dementsprechend auch weitergeführt.

00:52:11: Und auch Herr Gügels erzählt das ja auch, gerade auch wenn wir bedenken, dass Herr Grothus und Herr

00:52:19: Bodde auch gesagt haben, sie wussten nicht wenig, ist es ja auch wichtig auf dieses Wissen weiter

00:52:23: aufzubauen und mit diesen Leuten zusammenzuarbeiten und ja das Ganze fortzuführen. Ja und tatsächlich

00:52:33: waren ja die Strukturen für ausländische Studierende sehr verschieden in West und

00:52:40: Ostdeutschland. Auch der Weg dahin ist ja fundamental verschieden. Im westdeutschen Modell kommen einzelne

00:52:49: Individuen auf eigene Faust und eigene Kosten oder mit einem Stipendium, aber sie bewerben sich ja als

00:52:56: Person direkt ohne Zutun ihrer Universität oder ohne Befürwortung und Nominierung ihrer Regierung,

00:53:03: während in der DDR eine individuelle Bewerbung nicht möglich war, sondern man wurde delegiert.

00:53:12: Es galt das Delegationsprinzip und es gab verschiedene Institutionen, die diese Delegation

00:53:19: eben aussprechen durften und die Kontingente hatten und auch ihre institutionellen Interessen dort

00:53:27: vertreten haben. So gab es zum Beispiel die Liga für Völkerfreundschaft, es gab das Solidaritäts-Komitee,

00:53:36: das vorwiegend nationale Befreiungsbewegungen in den Entwicklungsländern unterstützt hat. Es gab

00:53:44: das RGW, der Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe, also diese Wirtschaftsverband des Ostblocks Stipendium,

00:53:50: sogar Stipendien der liberaldemokratischen Partei, aber natürlich auch der FDJ der freien

00:53:58: deutschen Jugend und auch der SED, der Einheitspartei an der Macht und Nominierung, die von diesen,

00:54:08: ich sag mal, sehr regimenahen oder regimegleichen Institutionen ausgesprochen wurden, waren

00:54:16: natürlich auch politisch belegt und nach und nach hat der DRD das ja nachvollziehen können und

00:54:26: verstehen können, woher diese Nominierung kommen und bei einer Gruppe gab es große Bedenken, ob

00:54:36: man die in der Förderung weiter behalten sollte, nämlich die der SED. Das waren jetzt wirklich

00:54:42: die Parteileut und die SED hat ja kontingente Parteifreunde quasi in anderen Ländern vergeben und

00:54:52: damit war das doch sehr nah an dem DDR-Unrechtsregime, sag ich mal, und das wollten die Westdeutschen

00:55:04: nicht übernehmen und das ist ein Zusammenhang, den wir hier nicht in unserer Arbeit nicht genau

00:55:13: recherchiert haben. Es ist sicherlich auch kompliziert und man müsste sehr viel auch in

00:55:19: die Archive gehen. Dazu gibt es viel Material, also wir haben die Dokumente auch gesehen im DRD-Archiv,

00:55:25: sicherlich ein Thema für eine Doktorarbeit oder so. Ich würde an dieser Stelle nur sagen wollen,

00:55:33: dass die Personen, die eben von der SED nominiert waren, nicht aus westdeutschen oder gesamtdeutschen

00:55:44: Mitteln finanziert worden sind und dementsprechend auch nicht direkte DRD-Mittel bekommen haben,

00:55:51: sondern die Nachfolgeorganisation der SED, die PDS, deren Vermögen wurde herangezogen und über die

00:56:02: Treuhand, die dieses Vermögen verwaltet hat, sind diese Stipendien zunächst finanziert worden. Es gab

00:56:09: aber eher ein langes Hin und Her und viele Streitigkeiten, auch Gerichtsprozesse. Darüber, bis

00:56:16: Ende vom Lied 1993 der DRD diese dann noch verbliebenen Stipendiaten dann doch noch in

00:56:26: seine Förderung übernommen hatte und ich glaube am Ende ging es um Menschlichkeit und darum die

00:56:35: angefangenen Investitionen, wir sprachen ja von fünf oder sechs Jahre aufenthalt, eher nicht zu

00:56:41: versenken. Ja, so viel zur Delegation und jetzt suchen wir uns nochmal zurück in die Zeit nach der

00:56:51: Volkskammerwahl im März 1990, als nun der DRD begann mit dem DDR-Bildungsministerium zu verhandeln

00:57:05: und zwar über die Frage, welches Personal können wir von euch bekommen für das neue Büro,

00:57:16: dass wir einrichten werden, und zwar in Ostberlin. Ein Westberliner Büro gab es,

00:57:25: das hast du erwähnt, aber hier wurde extra für den Zweck der Administrierung dieser

00:57:32: bis zu 7000 Stipendärten wurde ein Büro in Ostberlin angerichtet und man brauchte jetzt die

00:57:40: Expertin und Experten. Aber wo sind die? Wie kann man sie finden? Und da wurde Ulrich Grotus von der

00:57:49: Geschäftsleitung beauftragt mit dem Ministerium zu verhandeln und es ist sehr aufschlussreich was

00:57:57: Herr Grotus berichtet über die Stimmung und die Natur dieser Gespräche eines sich abwickelnden

00:58:07: Ministeriums. Insbesondere kannte ich die DDR eigentlich nicht gut. Ich war Anfang der 70er

00:58:15: Jahre, als ich noch Sozialdemokrat war, mehrfach von der SED mit anderen jungen Sozialdemokraten

00:58:23: eingeladen worden in dem Zirk Halle, weil der war zuständig für westliches Westfalen und deshalb

00:58:32: kannte ich in der DDR eigentlich nur Ostberlin und Halle, was übrigens später dann der Grund war,

00:58:38: dass ich mich freiwillig dann gemeldet habe, als das der ID Personal ausschwärmte in die

00:58:42: neuen Länder, um über die Segnungen des der ID zu berichten, dass ich gesagt habe, ich will

00:58:47: nach Halle fahren und habe das dann auch mehrfach gemacht. Der hat die Gespräche geführt mit unserem

00:58:54: Minister über die Arbeitsstelle. Der war der Einzige, der sich dann noch sammert sachkundig

00:59:00: gemacht hatte, wie eigentlich die Aufgaben ist, die wir hatten und wer überhaupt wusste, was mit

00:59:06: den Studenten und wie das läuft. Als dann der Herr Krothus, der damals der Assistenz der Geschäftsleitung

00:59:16: war, mir das Büchlein gab, die hatte ich die Bandiumprogramme und sagte, können Sie das

00:59:24: im Halb von 14 Tagen mal DDR-Kompatibel durchlesen? Dann habe ich meine Anmerkung gemacht. Das waren

00:59:31: ja Ansprüche, die man gerne erfüllt hatte. Die waren schon wichtig und man wollte sich ja auch

00:59:37: empfehlen. Das verschweige ich nicht. Und so sind wir mit Krothus so zusammengekommen, dass er mich dann,

00:59:46: aber das ist erst später gewesen, als Ersten aus der DDR-D-Gruppe in Berlin nach Bund geholt hat.

00:59:55: Für die Kollegen in der Arbeitsstelle, die vorher schon den Prozess diskutiert haben,

01:00:03: was passiert mit uns, wie organisieren wir uns, da hat es eine Menge Vorarbeit gegeben. Und da

01:00:12: gab es eine Abteilung in der nationale Beziehung. Und der Leiter war Herr Obermann, der war vom

01:00:22: Staatssekretariat für Berufsbildung. Und der leitete diese Gruppe und auf seinen Tisch

01:00:37: lagen dann auch die ausländischen Studenten, die auf der Grundlage von Staatsverträgen,

01:00:48: Ausentwicklungsländern usw. es hier in der DDR gegeben hat. Und Grundlage war für mich ein

01:01:02: äußerst kluge, eine äußerst kluge und langfristige Entscheidung der Bundesrepublik, nämlich diesen

01:01:16: Studenten, die Möglichkeit zu geben, ihr Studium in Deutschland zu beenden. Und zwar,

01:01:25: DRD-Fremd, fünfjährige Studium, sechsjährige Ausbildungszeiten wurden diesen Studenten zugesichert.

01:01:41: Und dann wurde Obermann, der für Internationales zugeständig. Und das war eigentlich unser

01:01:48: Glück, sag ich mal. Der war Feuerchef der Berufsbildung, Staatssekretär gewesen und war dann mit

01:01:55: Obermann und Rei, die haben dann die Ideen verfolgt. Und der hat auch gleich die Westdeutsche

01:02:09: Seite gesehen. Und wie geht man mit denen um, was kann man da verhandeln? Das war schon ganz gut.

01:02:15: Er führte diese Gespräche in außerordentlicher Sachlichkeit und sehr konstruktiv in dem vollen

01:02:24: Bewusstsein, dass sein Beschäftigungsverhältnis, sein Beruf, seine Arbeit in wenigen Monaten

01:02:36: vorbei sein würde und er im Begriff war, mit uns seinen eigenen Job abzuwickeln. Und das hat

01:02:44: mich beeindruckt, dass er das ohne jedes erkennbare Ressentiment betrieben hat, in dem aus dem

01:02:55: Motiv, so habe ich das jedenfalls damals interpretiert, erstens die tatsächlich die Zukunft dieser

01:03:04: Studierenden zu sichern und wenigstens für einen Teil seiner Mitarbeiter eine Beschäftigung

01:03:13: nach der Vereinigung zu ermöglichen. So konkret waren wir damals noch nicht bei dem ersten

01:03:21: Gespräch, aber ich habe den Mann dann ja, ich denke mal, vier oder fünf Mal zu längeren Gesprächen

01:03:27: in den folgenden Wochen und Monaten gesehen. Also das wurde von deren Seite und insbesondere

01:03:34: von der Seite von den Opermann mit äußerster Sachlichkeit und sehr konstruktiv geführt.

01:03:43: Das hat mich beeindruckt. Ja, mich haben diese Personen auch beeindruckt, muss ich sagen,

01:03:52: allesamt zu sehen, wie klar sie die Lage analysieren, sich Prioritäten setzen, ein sinnvolles

01:04:02: humane Ziel haben und dann miteinander offensichtlich auf der Grundlage von gegenseitigem Respekt

01:04:12: kommunizieren und dann etwas auf den Weg bringen, was, wie wir sehen, sehr gut funktioniert

01:04:19: hat. Das ist für mich beeindruckend. Was ist deine Bewertung?

01:04:24: Würde ich auch so unterschreiben. Also ich finde es schön zu sehen, dass es einen Zusammenarbeit

01:04:32: gibt und die auch wirklich von Fleiß und Engagement zeugt. Also das sieht man ja auch,

01:04:39: wenn wie zum Beispiel aufeinander eingegangen wird und dass auch, obwohl jetzt quasi eine

01:04:44: westdeutsche Institution auch den Austausch übernimmt, dass das Wissen und die Erfahrung

01:04:51: der DDR-Ministeriellen von großem Wert dafür ist und auch immer wieder herangezogen wird,

01:04:59: finde ich sehr wichtig zu sehen. Und alle Beteiligten bewerten ja diesen Prozess auch sehr positiv,

01:05:07: sowohl die westdeutschen als auch die ostdeutschen Akteure, die wir hier haben. Und wir haben

01:05:13: ja Herr Grotos als einen der Verhaltungspartner hier auch zu Wort kommen lassen. Herrn Oppermann

01:05:19: konnten wir leider nicht mehr sprechen. Deswegen fehlt seine Perspektive auf diese Verhandlung.

01:05:26: Und wir konnten aber mit Hilfe der anderen Leute, die im DDR-Ministerium für Bildung

01:05:32: und Wissenschaft gearbeitet haben, einen Teil dieser Perspektive oder zumindest seinem

01:05:37: Wesen in den Verhandlungen sehr gut rekonstruieren. Ja, die Geschichte scheint ja hier ganz gut

01:05:44: erzählt und sie ist vielfältig auf verschiedenen Ebenen, allerdings nicht auf der Gender-Ebene.

01:05:50: Das stimmt. Ja, wir haben es hier fast nur mit Männern zu tun.

01:05:55: Genau, das war auch ein bisschen schade, muss ich ehrlich sagen. Also ich denke mal,

01:06:01: das ist natürlich auch den Hierarchien der 90er Jahre geschuldet. Natürlich haben wir

01:06:07: auch ein paar ostdeutsche Frauen, die zu Wort kommen, aber in dem Kontext wurde einfach

01:06:13: leider nicht viel gesagt und es ist ja auch immer eine Frage, wer sagt einem Interview

01:06:18: zu und wer möchte vielleicht auch nicht interviewt werden. Also bestimmte Dinge konnten wir leider

01:06:23: ja auch nicht beeinflussen, weil uns einfach die Stimmen dazu gefehlt haben. Aber ja,

01:06:28: wir haben natürlich eine dominante männliche Perspektive auf die Dinger.

01:06:32: Ja, das erkennen wir an. Ändern können wir es hier nicht. Und mit diesem selbstkritischen

01:06:38: Ausblick wollen wir diese Episode auch beenden, aber wir geben noch einmal das Wort weiter

01:06:48: und verabschieden uns aus dieser Episode mit einem O-Ton, einem Stipendiaten und schließlich

01:06:55: unseres Kollegen Kai Ezolt, ehemals Ostberlin, heute Sankt Augustin Balbon.

01:07:02: Damals war für uns auch eine gewisse Ungewissenheit, weil wir wussten nicht, was passiert mit

01:07:11: uns. Wir waren dann noch nicht fertig mit dem Stuhl und wir wussten nicht, was passiert.

01:07:17: Jetzt müssen wir zurück nach Vietnam oder können wir weiter bleiben. Zum Glück konnten wir

01:07:23: noch weiter studieren und noch Stibianium von der ARD erhalten. Vielmehr als damals, ich

01:07:30: glaube 700 DEMA. Also vielmehr Geld zur Verfügung und ich würde sagen, es war für uns auch

01:07:40: ein Glück zwar für Studenten von Vietnam damals. Wir konnten weiter studieren und auch weiter

01:07:49: Stibianium erhalten und so weiter und so fort. Insgesamt muss ich sagen, vielen Dank

01:07:57: an DDR, vielen Dank an BRD und Deutschland aktuell. Und diese Dankbarkeit verbindet

01:08:07: uns auch sehr an Deutschland. Die Arbeitsstelle Berlin Mitte, die kam dann so wie aus dem

01:08:14: Hut gezaubert hervor. Das war aber eigentlich die beste Idee, um die ausländischen Studierenden

01:08:23: zu Ende studieren zu lassen. Also im Nachhinein habe ich gedacht, das ist die beste Idee.

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